Gehen so die Bochumer …?
von Günter ClobesEs gibt Menschen, denen geht es so gut, dass sie das einfach nicht aushalten. Also schaffen sie sich zur Abhilfe einfach ein Problem. Das ist dann zwar ziemlich künstlich, weil es ja eigentlich gar nicht existiert, für die eigene Befindlichkeit spielt das aber keine Rolle, Hauptsache, man hat eines. In der Psychologie läuft das – jetzt mal ganz, ganz vereinfacht – unter Ãœbersprungshandlung. In Unternehmen und Betrieben gibt es das Phänomen auch. Wenn etwas sehr gut läuft (etwa ökonomisch), wird gerne noch ein bisschen mehr an der Erwartungsschraube gedreht, denn man könnte ja noch ein wenig mehr rausholen. Dieses, nennen wir es einfach mal nokiaeske Verhalten leuchtet niemandem wirklich ein, außer denjenigen natürlich, die es an den Tag legen. Der Volksmund nennt das „Wenn’s dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis“, und er liegt damit ziemlich gut.
Ähnliche Bewegungen und Entwicklungen können derzeit ebenso beim VfL Bochum beobachtet werden. Auch er verhält sich ausgesprochen übermütig. Erstmals seit Jahren hat man sehr frühzeitig nichts mehr mit dem Abstieg zu tun, die unspektakulären Einkäufe waren trotzdem gut getätigt, und so könnte das fußballerische Leben ein ruhiger langer Fluss sein. Da das aber wohl zu schön wäre, um wahr zu sein, hat sich der achtköpfige Aufsichtsrat unter Führung des ehemaligen Patriarchen und Mäzen des Vereins, Werner Altegoer, für die Trennung von Sportvorstand Stefan Kuntz entschieden, der Mann, dem die Öffentlichkeit und die Fans das positive Abschneiden und die neuen erfolgreichen Wege zuschreiben, die der Verein eingeschlagen hat. Obwohl bislang immer noch nicht so recht klar ist, wo die Differenzen liegen, kursieren hartnäckig Spekulationen, die einen echten Showdown zwischen einem alten Mann suggerieren, der nicht loslassen kann, und einem Modernisierer, der sich seine Kompetenzen bzw. Verantwortlichkeiten nicht einschränken lassen will. Auch existiert eine „Verratstheorie“, weil Kuntz seinem pfälzischen Lieblingsverein frühzeitig Beistand in der Not signalisiert haben soll. Das entbehrt nun nicht einer gewissen Komik. Denn wie heftig und derbe muss es hinter den Bochumer Kulissen wirklich abgegangen sein, wenn Kuntz der Fastregionalist Kaiserslautern mit seinem ungeheuren Berg an Problemen und Ansprüchen allemal lieber ist als die Arbeit in der Bundesliga. Dass die Entwicklung beim VfL hin zur Moderne allerdings in der Tat nicht nur ein Generationsproblem zu sein scheint, wurde dieser Tage deutlich. Der stellvertretende Aufsichtsratvorsitzende, Heinz Hossiep, hat diesen Posten aufgegeben. Hossiep ist 70, alter Weggefährte von Altegoer und stand bislang nicht im Verdacht der Illoyalität zum großen Paten des VfL. Seine Begründung für den Rücktritt spricht nun jedenfalls nicht gerade für uneingeschränktes Vertrauen in die Politik seines Vorsitzenden: „Weil ich bestimmte Entwicklungen in diesem Verein nicht für gutheißen kann.“
Noch Fragen? Hoffentlich müssen sich diejenigen, deren Herz für den VfL schlägt, nicht sehr schnell wieder mit den ewig alten Problemen der Bedeutungslosigkeit, Abstiegssorgen und undurchsichtiger Vereinsentscheidungen beschäftigen. Obwohl es ihnen momentan doch so gut ging …
riovermelho schrieb am 1. April 2008:
In der Tat ist es schwer nachzuvollziehen, wie Stefan Kuntz die perspektivische Arbeit beim VFL gegen Chaos, Verrat, Unseriosität und sportliche Bedeutungslosigkeit in der pfälzischen Provinz eintauschen möchte.
Kraelinho schrieb am 1. April 2008:
Dieses „Geplänkel“ zeigt, dass der VfL eine Provinzdiktatur bleibt.
pelmich schrieb am 1. April 2008:
In Tat machen wir uns grad bundesweit lächerlich.
AtaTigerKöttelBen schrieb am 1. April 2008:
Manchmal hilft der Blick von außen…
In diesem Fall wären wir allerdings in Bochum froh, wenn man eine riesige milchglasige Käseglocke über dieses Desaster stülpen würde. Man muss sich als Fan dieses Vereins im Moment für so vieles schämen… (siehe auch zu den .
Podre86 schrieb am 1. April 2008:
Heinz Hossiep hat nur den Posten des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden aufgegeben, bleibt aber weiterhin im Aufsichtsrat beschäftigt.
zu Kuntz: er soll ein Vertrag von Altegoer vorgelegt bekommen haben, mit dem er stark eingeschränkt hätte arbeiten müssen und viele seiner Entscheidungen müssten erst vom Aufsichtsrat (bzw. Altegoer) kontrolliert und abgesegnet werden, bevor er sie umsetzen könne.
Ich als Bochum-Fan kann allerdings nicht verstehen, wie man einem doch offensichtlich sehr kompetenten und sympathischen Sportvorstand wie Stefan Kuntz nicht das Heft des Handelns überlassen kann und ihm das Vertrauen ausspricht. Aber so ist halt Altegoer.
VfL Bochum: Konsequente Fortsetzung erfolgreicher Politik at Bolzplatz schrieb am 1. April 2008:
[…] Eine andere Meinung gibt es u.a. beim Direkten Freistoß. […]
juwie schrieb am 1. April 2008:
Schade, dass sich der VfL so selbst demontieren muss.
Nixwisser schrieb am 2. April 2008:
Im Großen & Ganzen interessiert der VfL nicht. Sein größter Ruhm besteht wohl darin, in einer Grönemeyer-Zeile verwurstet worden zu sein. Damit das alles so bleibt, dafür sorgt er schon selbst, der VfL. In zwo Jahren gibt’s halt wieder echte Knaller gegen Offenbach und Wehen-Wiesbaden. Who cares?
rattabildabub schrieb am 6. April 2008:
Kuntz beim Scudetto-Abend vor Ostern im Bochumer Riff: „Sicher gehe ich nicht zum 1. April.“ Nun hat’s ein paar Tage länger gedauert….
Mir passt sein Abgang auch nicht, aber diesen ganzen preudodemoktratischen Schönwetterbesserwessis (hach, nach Tibet jetzt auch noch dieser Despot Altergoer) sei gesagt, dass doch fast alle höchstklassigen Fußballvereine von wenigen Oligarchen oder einem Patriarchen geleitet werden. Altegoer ist also eher die Regel als die Ausnahme.