Spanien-Italien 4:2 n.E.
von Oliver FritschHeute stimme ich, entgegen sonstigen Gepflogenheiten, allen Kritikern der Italiener zu. Sie spielten ohne Zutrauen in ihre Offensive und waren stets bemüht, das Tempo aus dem Spiel zu nehmen. In fast jedem Angriff versuchten sie, einen langen Ball auf Toni zu spielen, die Flanken auf ihn wurden viel zu früh (und viel zu ungenau) geschlagen. Kaum Überzahlvorstöße, wenig Dribblings, keine Konter. Besonders enttäuschend: Es gab nicht eine Phase, in der Italien auf Pressing und Angriff umschaltete – wie etwa im WM-Halbfinale 2006, als Trainer Lippi zwei Stürmer eingewechselt hatte, um die Deutschen auf dem falschen Fuß zu erwischen.
Spanien war aktiver, allerdings ohne jede Durchschlagskraft, kein Tempo im Spiel nach vorne, drei sehr glück- und harmlose Stürmer: Villa, Torres, Guiza. Wie die Italiener traten sie mit sehr großem Respekt auf. Ein sehr schwaches und langweiliges Spiel.
Lehrbuchmäßig war hingegen das Abwehrverhalten beider Teams: hervorragende Antizipation; auf jeden langen Pass vorbereitet, ohne sich zu weit zurückfallen zu lassen; immer sehr geordnetes Spiel mit (nicht auf) Abseits, nie stand ein Außenverteidiger hinter dem Innenverteidiger; zweikampfsicher; kopfballstark, auch die Spanier, vor allem der athletische Ramos; und den Innenverteidigern gelang es, die Schüsse der Gegner zu blocken oder eine Ecke in Handballermanier abzudecken – eine selten beachtete Abwehrtechnik im Fußball. Dazu kam, dass die defensiven Mittelfeldspieler Senna und de Rossi alles im Griff hatten.
Warum heißt es eigentlich immer, dass Italien aus einem Minimum an Einsatz ein Maximum an Ertrag heraushole, sich also durchmogele? Wann außer 1982 und meinetwegen 2006 soll das so gewesen sein? Sie scheiden doch meist knapp oder sogar in tragischer Form aus, wie 1990, 1998, 2000, 2002, 2004, nun 2008 – und vor allem 1996, als sie als offensivstes und wohl auch bestes Team in der Vorrunde ausschieden. Im letzten Vorrundenspiel reichte ihnen ein 0:0 gegen den späteren Europameister nicht, der, wie Mehmet Scholl es jüngst ausdrückte, „90 Minuten nicht an den Ball kam“ und auf den herausragenden Andreas Köpke im Tor zählen musste.
Letzte Bemerkung: ein sehr parteiischer Béla Réthy, nicht wahr?
Dr. Soccer schrieb am 23. Juni 2008:
Ja, enttäuschend, die Performance der beiden mediterranen Fußballmächte. Es fehlte vieles, was man von anderen (kleinen?) EM-Teilnehmern gesehen hatte, gemessen an den eigenen Ansprüchen war das fürchterlich wenig.
Niente superclassico.
Immerhin folgt nun die schöne (?) Pointe, dass es zur Wiederholung eines Gruppen-Matches kommt, mal sehen, wie die Spanier mit der „Hypothek“ eines 4-1 in das Spiel gegen Russland gehen.
Die Italiener blieben schließlich so blass und farblos wie ihre Trikots (Lang-wei-lig! Aber wenigstens späte Genugtuung für die 2006er-Serie von Neil Barrett).
Andererseits: leichter als diesmal hätte Deutschland gegen Italien wohl nicht gewinnen können (okay, ich weiß, einen Sieg über die Türkei vorausgesetzt).
@Béla Réthy: eine Einzelkritik der Kommentatoren verbietet sich. Es ist schlicht und einfach nicht auszuhalten. Ein (leicht fatalistischer) Vorschlag wäre die Beförderung des Pausenkaspers Pocher zum hauptamtlichen Spielbegleiter. Und wenn er dabei auch nur ansatzweise die Ernsthaftigkeit an den Tag legt, mit der er als „Oliver Pocher“ bei „Waldemar Hartmann“ auftritt (wohlgemerkt: nicht als „Poldi Podolski“ oder eine andere Zeichentrickfigur), kann er mühelos mit den gebührenfinanzierten Worthülsenspielern mithalten.
hidegkuti schrieb am 23. Juni 2008:
Wieso ein Toni viermal durchspielt,ohne einmal ausgewechselt du werden bleibt Donadonis Rätsel.
Interessanterweise , stehen mit Terim,Aragones und Hiddink drei Trainer der alten Generation im HF.Ein Sachverhalt wie auch 2006 Lippi,Scolari,Domenech.
Hexenkessel schrieb am 23. Juni 2008:
Zwei Leute haben Italien gestern gefehlt. Andrea Pirlo, der von Ambrosini, Camoranesi & Co. nicht mal im Kollektiv ersetzt werden konnte und Miroslav Klose.
Wer ist der bessere Stürmer? Derjenige, der 25 Tore schießt oder der, der seinem Sturmpartner 25 Tore ermöglicht und dabei selber nur zehn schießt? Luca Toni ist fraglos eine der aktuell besten Stürmer überhaupt. Aber er braucht einen kongenialen Partner an seiner Seite, der ihm Lücken reißt, der ihm ein bis zwei Abwehrspieler vom Leib hält, der für ihn Drecksarbeit im Mittelfeld verrichtet und der ihm ab und zu auch mal uneigennützig auflegt. Gegen Spanien war Toni verschwendet. Allein wie Jan Koller stand er vorne auf lange Bälle wartend, die er gegen den ungemein starken Ramos nie verwerten konnte. Ein Stürmer der die Seuche hat, braucht ab und zu mal ein dreckiges Tor, einen reingestocherten Abstauber. Luca Toni hingegen musste immer noch schwierige Flanken aus dem Halbfeld zu gefährlichen Kopfbällen umleiten. Dazu fehlte ihm nach einer begeisternden BuLi-Saison die Kraft und das Glück.
Spanien und Russland verspricht zunächst mal ein klasse Spiel zu werden. Die beiden kombinationssichersten Teams der EURO treffen aufeinander und diesmal hat Russland Arshawin. Noch ein 1-4 wird es für die Russen nicht geben, den Tipp wag ich schon mal.
Max Diderot schrieb am 23. Juni 2008:
„… und vor allem 1996, …“ und wenn ich mich nicht vollkommen irre, verschossen die Italiener seinerzeit auch einen Elfmeter während der regulären Spielzeit im Vorrundenmatch gegen die deutsche Mannschaft. Gianfranco Zola schoss und Andreas Köpke hielt.
Wahrlich, es war keine berauschende Partie, die uns gestern von Iberern und Apenniniern geboten wurde. Warum auch? Italien fehlten Gattuso und Pirlo, Spanien war beladen mit Selbstzweifeln. Davon ab, können, dürfen wir jedes Spiel nur unter der Prämisse von ästhetischen und spannungsreichen Belangen betrachten. An anderer Stelle verwies ich schon einmal auf eine Art Amplituden-Geschehen während eines solchen Turniers. Und vermutlich werden nur die selbst ernannten spanischen Instanzen des schönen Fußballs ihr Unfehlbarkeitsbeil auf jene niederlassen, die nicht annähernd der Virtuosität der iberischen Zaubermäuse entsprechen. Nun, da gäbe es viel zu tun.
Ich bin gespannt auf die kommende Auseinandersetzung zwischen Russland und Spanien. Im Kaffeesatz ist zu erkennen, dass die Selección nun einen zweifachen Vorteil besitzt. Neben dem Abstreifen des Images des „ewigen“ Viertelfinalverlieres, gewann sie auch die Vorrundenpartie gegen die Sbornaja eindeutig. Und wer die portugiesische Emphase, nach den ersten beiden Partien dieser EM, mit dem Faktor 10 potenziert, ist in Fußball-Spanien. Vermutlich werden dort schon Ãœberlegungen angestellt, eine Art Vatikan des Fútbol in Madrid zu installieren. Und das Kardinalskollegium wird aus den Redakteuren der Sportgazetten bestehen.
nedfuller schrieb am 23. Juni 2008:
Bester Kommentar zur Reporterleistung gestern abend vom 11freunde-blog:
22:56 Uhr: Réthy redet und redet und redet. Wahnsinn!
Ohne Ton war es zu ertragen.
Die Italiener haben doch nicht anders gespielt als bei ihrem Titel 2006. Diesmal allerdings das Pech gehabt, dass die Spanier im Elfmeterschiessen glücklicher waren.
Ein mögliches Finale Russland-Türkei, wer hätte das gedacht.
Max Diderot schrieb am 23. Juni 2008:
hidegkuti, Ihr Verweis auf die sogenannte alte Trainergeneration ist interessant – interessant und falsch zugleich! Nicht das biologische Alter als mehr die Inspiration, Idee und Besessenheit eines Trainers ist ausschlaggebend. Und das unabhängig seines Geburtsdatums.
Ich, der wesentlich jünger ist als der Benjamin des von Ihnen aufgezählten Trios (es müsste Fatih Terim mit 54 Jahren sein), möchte auch darauf hinweisen, dass ein maßgeblicher Einfluss auf die ästhetische Kurzpass-Spielweise Spaniens, durch eine Riege von Trainern entstanden ist, die alle ungefähr im Alter eines Luis Aragonés sind. Erst zu Beginn der neuen Saison soll eine Zäsur im Trainerstab des nationalen Fußballverbandes erfolgen.
Vermutlich reagiere ich deshalb auf Ihren Hinweis ein wenig harsch, weil diese Lächerlichkeit, Menschen per se zu katalogisieren, entgegen den demographischen Notwendigkeiten unserer Gesellschaft immer noch sehr ausgeprägt ist Deutschland. Ich will Ihnen aber keineswegs unterstellen, dass Sie mit Ihrem Hinweis auch eine solche Intention verfolgten. Schließlich wurden sie ja im wahren Leben beinahe 80 Jahre alt.
hidegkuti schrieb am 23. Juni 2008:
@ Diderot,es scheint ihnen entgangen zu sein,das diese
Diskussion schon seit geraumer Zeit geführt wird. Man
wirft ja der älteren Trainergilde vor antiquiert spielen zu lassen.Mir eine Einstellung (zumindst eine latente )wie die Junge Union sie propagiert,zu haben halte ich für unfair und unstabil. Das mit der „Ästhetischen K-P Spielweise der Spanier ,habe ich übrigends nicht gesehen. Die es eventuell könnten ,wie Xavis ,Silva haben es nicht gezeigt, es war überhaupt nicht ihr Spiel.Ãœbrigend´s soll der „Aragones -Nachfolger- del Bosque werden. Warum wohl..
Rob schrieb am 23. Juni 2008:
Das war Selbstmord aus Angst vor dem Tod was die Italiener gestern gespielt haben. Für mich völlig unverständlich, dass sie nach 2 guten Spielen so mutlos auftreten. Hatte manchmal den Eindruck die Italiener verteidigen eine imaginäre 1:0 Führung und dann wäre ein Lob für ihr Abwehrverhalten auch angebracht gewesen. Aber ohne Führung ist so eine Spielweise einfach sinnlos.
Dr. Hammer schrieb am 23. Juni 2008:
Habe viele Stimmen gehört, die das Spiel als „langweilig“ bezeichnen. Ich fand das hochinteressant. Gerne hätte ich mehr Totalen vom Spiel gesehen, die Defensiv-Taktik der Italiener war wirklich sehr effektiv. So weit ich das sehen konnte, spielten die mit einer Dreierkette, davor ein sehr variables 6er Mittelfeld. Was man im TV zu sehen bekommen hat, war wirklich beeindruckend, wie die Italiener „die Räume eng gemacht haben“ (Phrasenschwein).
Ich sage mal: hätte Prilo mitgespielt, wären mehr drin gewesen für die Italiener.
Max Diderot schrieb am 23. Juni 2008:
hidegkuti, danke für den Hinweis, der mir so nicht entgangen ist, weshalb ich ja auch das Katastern von Lebensabschnittperioden und deren entsprechende Interpretation als so unsinnig wie überflüssig erachte.
Was Sie natürlich richtig bemerken, dass das Kurzpassspiel der Spanier gestern (aber auch nur gestern) nur unzureichend vorgetragen worden ist. Wie heißt es verkürzt, man spielt nur so, wie es der Gegner zulässt. Meinetwegen kann der Königliche Spanische Fußballverband auch Methusalem zu seinem nächsten Teamchef erküren. Wenn er eine Idee, ein Konzept und die dafür notwendigen Impulse für deren Umsetzung eines progressiven Spiels mitbringt – schön, gut, bestens. Vielleicht sollten sie nur darauf achten, dass er (der mögliche Nachfolger) nicht Aragonés‘ rassistische Ressentiments imitiert.
Jörg schrieb am 23. Juni 2008:
Ich fand das Spiel auch nicht so schlimm – verständlich, dass die Spanier sich nicht aus der Reserve lassen wollten gegen ein Team wie Italien, das es schon versteht (nun ja, gestern vielleicht nicht so sehr), Teams einzulullen und auf einmal zuzuschlagen. Spanien wirkte auf mich taktisch sehr diszipliniert. Beide Teams gut in der Defensive – klar, dass es dann nicht so viele spektakuläre Szenen gibt.
Gut für die Spanier, dass sie nicht den ZDF-Kommentar gehört haben, sonst hätten sie gewusst, dass Spanien in einem Viertelfinale nicht, im Elfmeterschießen sowieso nicht, gegen Italien überhaupt nicht und an einem 22. Juni schon mal gar nicht weiterkommen kann.
Udo schrieb am 23. Juni 2008:
Immerhin können sich die Italiener damit trösten, die so genannte „Todesgruppe“ überstanden und das Viertelfinale erreicht zu haben.
Todesgruppe? Für alle dieser völlig überschätzten Teams endete diese EM letztendlich mit einem Debakel.
peking schrieb am 23. Juni 2008:
Zunächst bin ich besorgt über die Untertöne mancher Kommentatoren wie Kistner (SZ) oder soeben auch im DLF: Nur weil die meisten über den Platz lahmen, müssen beiden Russen etwas faul sein. Ja, was denn? Doping? Ex-Putins Knute? Kalter-Krieg-Sieg durch die Hintertür7 Fußballtor? Und dann besonders zwischen 90. und 120. Minute. Never heard of. Nach dem Motto: Was Ballck nicht kann, gibt es nicht. Ich denke mir: Gemach. Paßgenauigkeit, Stellungsspiel, Zweikampfverhalten, taktisches verhalten, blindes Verstehen etc.etc. verbessere ich nicht, indem ich mir paar Tabletten reinwerfe. Und das atzhletische Verhalten? Die Mannschaft ist gierig, sie will den Erfolg, es geht um aufstieg: ja, Dinge, die wir längst vergessen haben (siehe russisches Tennis etc.).Was ist daran verwerflich, Gegenstand von insinuationen? Auf der täglichen Entenjagd der meisten Journalisten wird eben einfach die nächste Sau durchs Dorf getrieben. Ich kann nur sagen: Rußland macht Spaß, und Hiddinck ist der Prophet.
lateral schrieb am 23. Juni 2008:
@peking: Ist es nicht beeindruckend, fast schon unheimlich, wie von Hiddink trainierte Mannschaften (Südkorea, Australien, Russland) plötzlich mit Pferdelungen durch große Turniere fegen? Das kann man nicht nur mit dem Anfang der russischen Saison begründen à la „die Mannschaft steht noch voll im Saft“. Vielleicht sollte sich Spanien fürs Halbfinale ein paar Tipps von Doktor Fuentes holen…
schalkoholiker schrieb am 23. Juni 2008:
zusammenfassend:
– béla réthy hat hintereinander zwei richtig üble tage erwischt. wo ist eigentlich der immer erfrischende fritz von thurn und taxis?
– der mannschaftsarzt der russen verdient (wahlweise) nebenbei oder hauptamtlich sein geld beim radrennstall astana. körperliche überlegenheit in der verlängerung? zufall.
– donadoni war mit abstand der bestgekleidetste trainer des turniers. hat ihm zwar nichts genutzt, so war aber immerhin der kameraschwenk zur bank für uns erträglich.
– weder spanien noch (weniger) italien hätten gestern gewinnen dürfen. mein plädoyer: verlosung eines hoffnungs-halbfinalplatzes unter den frühzeitig ausgeschiedenen. also österreich.
– warum hat hamit altintop in all seinen jahren auf schalke eigentlich niemals ein einziges spiel dieser klasse abgeliefert?
– die gelegenheitshollandfans sind dematerialisiert. mir egal.
Hexenkessel schrieb am 23. Juni 2008:
Meine detaillierte Meinung zum Thema – speziell zu Kistners seltsamen Kommentar von heute – kann man sich gerne bei Klick auf meinen Namen durchlesen.
Nur so viel: Doping ist Fußball ist teilweise bewiesener Fakt (Juventus Turin), mit großer Wahrscheinlichkeit gängige Praxis (Indizien lieferte zuletzt der Fall Klasnic) und sollte bitte niemanden überraschen. Es ist halt auch eine Frage der Grenzziehung.
Nur ist niemandem gedient, wenn einfach mal irgendwas behauptet wird, ohne zumindest vernünftige Anhaltspunkte zu nennen. So steht man schnell als ganz schlechter Verlierer da und kriegt auf einmal wieder die Wunderspritzen von Bern um die Ohren gehauen.
lateral schrieb am 23. Juni 2008:
Zitat schalkoholiker: „der mannschaftsarzt der russen verdient (wahlweise) nebenbei oder hauptamtlich sein geld beim radrennstall astana.“ Ist das wahr? Das wäre schon mal ziemlich bedenklich… Man muss dann aber immer noch nachschauen, wer denn die Ärzte bei Hiddinks vorhergehenden Stationen waren.
@Hexenkessel: Es mag ja sein, dass Doping im Fußball „mit großer Wahrscheinlichkeit gängige Praxis“ ist. Aber was soll das Gerede von wegen „Frage der Grenzziehung“?! Doping ist Doping ist Doping ist Doping. Da gibt es keine Grenzziehung jenseits der von den Antidopingbehörden formulierten Kriterien. Das klingt für mich wie das Gelaber von Emig, Bossdorf&Co, die mit dem Scheinargument „Machen ja eh alle, dann könnte man es ja auch freigeben“ die Tour de France im ARD-Portfolio hielten.
Nochmal: Ich war schlichtweg begeistert, geradezu berauscht vom Auftreten der Russen. Aber ein Anfangsverdacht (zumindest journalistisch betrachtet) ist gegeben. Da ist die Recherche um Teamärzte etc. ein erster Ansatz, danach kann man weitersehen. Ich fände es nur zu traurig, wenn sich dieser Verdacht erhärten sollte (keine Sorge: er wird es nicht, hat ja auch beim Radsport viel zu selten geklappt), weil ich dann nach dem Radsport die zweite meiner beiden absoluten Lieblingssportarten abschreiben könnte.
Max Diderot schrieb am 23. Juni 2008:
Mit Verlaub – ich empfinde es als hirnrissig, der russischen Mannschaft aufgrund ihrer im Match gegen die Niederland gezeigten läuferischen Leistung die Einnahme von Doping-Stimulanzien zu unterstellen. Mir scheint es, dass Thomas Kistner spekulativ argumentiert und seine angeblichen Anhaltspunkte nur aus den Vermutungen der von ihm angeführten WM- und EM-Spiele, der von Guus Hiddink betreuten Mannschaften, resultieren.
Ich will damit aber nicht in Abrede stellen, dass es auch im Fußball systematisches Doping gibt respektive schon dokumentiert worden ist. Nicht zu unrecht wurde das Beispiel Juventus Turin genannt.
Die UEFA hat sich ja im März diesen Jahres zum Kampf gegen das Doping bekannt. Allen aktuellen EM-Teilnehmer haben eine sogenannte Anti-Doping-Charta unterschrieben. Von allen teilnehmenden Teams wurden vor Turnierbeginn, nämlich Ende Mai 2008, 10 Proben genommen. Dafür wurden in den Trainingslagern und von den UEFA-Beauftragten jene 10 Probanden ausgelost, denen man Blut- und Urinproben entnahm. Weitere 124 Untersuchungen soll es im weiteren Turnierverlauf gegeben haben bzw. noch geben.
Sollten also positiv getestete Resultate, der während der Vorbereitungsphase getesteten Personen vorliegen, müssten diese schon publiziert sein. Bei aller berechtigten Kritik an der UEFA, und vor allem ihrem verbesserungsbedürftigen Demokratie- und Transparenzverständnis, gehe ich momentan davon aus, dass ihr Kampf gegen Doping ein ernsthaftes Anliegen ist und sie die Öffentlichkeit nicht täuschen wird.
Manfred schrieb am 23. Juni 2008:
Ach, Gottchen, Doping. Wie süß. Wenn, dann machens doch alle, also wozu die überflüssige Diskussion nebst der Aufregung?
Spanien ist gewarnt, die Russen auch. Ich befürchte einen öden Kick.
Was die Kommentatoren- äääh, ja, okay: ‚Leistungen‘ betrifft: selbst in den kurzen Clips mit ITV oder BBC-Kommentatoren, die Herr Fritsch für uns auftreibt, hört man den exorbitanten Qualitätsvorsprung gegenüber den deutschen Laberbacken heraus. Von der Vorberichterstattung, die ich nur vom Hörensagen kenne, sicher ganz zu schweigen. Zum dem ganzen Mist passt ja auch, dass beim Pausenheutejournal die Topmeldung der trainingsfreie Tag der Nationalmannschaft war. Und nach dem Spiel dann Karneval in Bregenz. YEAH! Wtf???? Nun wird auch Klopps Abgang dort für jeden denkenden Zuschauer nachvollziehbar.
Hexenkessel schrieb am 23. Juni 2008:
@ Lateral: Das mit der Grenzziehung nicht falsch verstehen. Ist von mir schlecht formuliert gewesen. Bei Grenzziehung gehe ich eher davon aus, dass die derzeitigen Grenzen im Sport noch viel zu löchrig sind. Ob das beliebte „fit spritzen“ eines Thorsten Frings, ähh, Fußballers schon Doping ist oder nicht, wird beispielsweise kaum diskutiert. Doping ist Doping. Aber was noch?
@ M. Diderot: Was unterschriebene Anti-Doping-Bekenntnisse und von Verbänden selbst durchgeführte Dopingproben wert sind, hat der Radsport schon vorgemacht. Ungefähr gar nix. Das ZDF hat während der EURO das Thema in einem Beitrag mal aufgegriffen und durfte dafür nur auf von der UEFA bereit gestelltes Material von einer Dopingprobe zurück greifen. Mit eigenen Kameras war es nicht gestattet, den Spieler nach dem Spiel zur Kontrolle zu begleiten. Ob derartige Toilettenbilder was wert sind, sei dahin gestellt, aber Transparenz sieht anders aus.
Max Diderot schrieb am 23. Juni 2008:
Hexenkessel, das schrieb ich ja auch, dass das Transparenzverständnis der UEFA, ebenso der FIFA, eher suboptimal ist. Nur scheint mir die aktuelle Diskussion an den Haaren herbeigezogen zu sein und Herr Kistner sondiert schon einmal, im Hinblick auf Peking, seine „Frühform“. Es sind Vermutungen, noch nicht einmal Indizien und keine Beweise, die er formuliert. Dem gegenüber stehen aber die Fakten von am Ende der EM 08 insgesamt 284 Dopingkontrollen.
Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch diese Maßnahmen manipuliert werden. Aber es muss doch irgendeinen schmalen Grat des Vertrauens geben, in die beauftragten Labore, der für den Moment nicht anzuzweifeln ist. Russland ist gewiss kein Hort dopingfreier Substanzen. Das zeigen Beispiel der Vergangenheit.
Aber zweifel jemand an Spaniens Erfolg? Nach meinem Wissensstand ist Josep Guardiola, der kommende Trainer des FC Barcelona, der bis dato einzige Fußballprofi, der erstinstanzlich wegen Dopings zu einer Haftstrafe verurteilt worden ist. Diese wurde aber in der Revision aufgehoben, und es kam zum Freispruch.
lateral schrieb am 23. Juni 2008:
@Max Diderot: Zumindest meine Kritik bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf Russland. Ich bin mir sicher, dass Doping auch in anderen Mannschaften (s. Guardiola) zum Alltag gehört; bestimmt auch in der deutschen.
Ich wollte eher den Zusammenhang Hiddink/plötzliche Leistungssteigerungen erwähnen (ich tat es an anderer Stelle schon bevor Herr Kistner sein Stück veröffentlichte). Südkorea war vor seinem Engagement technisch versiert, aber mit ihm wurden sie plötzlich auch konditionell stark. Australien war technisch limitierter, aber mit ihm plötzlich konditionell auf der Höhe. Nun zeichnet sich ein ähnliches Bild für Russland ab, nur dass die Russen technisch einfach noch einige Schippen stärker sind als Südkorea. Vielleicht hat Hiddink (und nicht Russland) momentan neben taktischem Können einfach das beste Dopingrezept für den Fußball? Allein die oben von schalkoholiker erwähnte Verbindung zum Teamarzt des Radsportteams Astana ist ein Indiz, das gute Sportjournalisten zum Nachhaken verpflichtet.
Aber ja, ich stimme zu, so dünn wie die Argumentationskette momentan ist, taugt das Thema noch nicht für die Veröffentlichung in einer Qualitätszeitung.
Doerk schrieb am 23. Juni 2008:
Ich bin gespannt, wie die Spanier die Russen stoppen wollen. Beste Voraussetzungen haben sie, wie das Match gegen Italien gezeigt hat, ein funktionierendes defensives Mittelfeld und eine starke Abwehr.
Ich bin immer noch erstaunt über die Russen. Die hätten ja nicht nur die Schweden eigentlich mit 6:0 vom Platz schiessen müssen sondern auch die Holländer mindestens mit 5:1. Wie ist das nur möglich? Die Mannschaft hat gerade mal so die Qualifikation geschafft!?
Ein Mann wie Ashavin ist ein unglaublich starker Spieler: Ich muss bekennen, ich kannte den bis zu den diesjährigen Begegnungen im UEFA-Cup nicht. Da werden von europäischen Spitzenvereinen minderjährige südamerikanische Talente für zweistellige Millionenbeiträge verpflichtet und da muss solch ein Könner 27 werden, um in Europa wahrgenommen zu werden?! Verrückte Welt! Irgendetwas muss auch im Scouting der grossen europäischen Vereine völlig falsch gelaufen sein: So eine Spielweise, so ein Tempo wie von der russischen Mannschaft und der russischen Spieler, das kann doch nicht vom Himmel fallen.
Fraglich ist, ob die russische Mannschaft die letzten Leistungen weiter abrufen kann. Wenn ja, wird sie nicht zu stoppen sein.
Vorstopper schrieb am 23. Juni 2008:
Bin einfach nur froh, dass Italien raus ist. Ich kann deiesen Luca Toni einfach nicht mehr sehen, mit seinen unzähligen Schwalben, mit seinem ewigen Versuchen die Schiris zu beainflussen durch große Gestik und Mimik. Einfach nur unsportlich und unerträglich.
Leider muss man Luca Toni auch in der nächsten Saison wieder ertragen und leider fallen die Bundesliga-Schiris (und auch Journalisten: inbes. die TV-Reporter) viel öfters auf seine Einlagen herein, erkennen gar nicht welch unsportlicher Spieler das ist.
altobelli schrieb am 23. Juni 2008:
Ja, es ist mehr als gerechtfertigt, dass die italienische Nationalelf gestern ausgeschieden ist. Ich, als Italiener, bin froh, mir nicht noch mehr Spiele dieser Art antun zu müssen.
Was ich gestern gegen Spanien wahrnehmen musste, war das schlechteste Länderspiel der „Azzurri“ an das ich mich aktiv erinnern kann.
Die italienischen Fans stellen Donadoni unter Dauerbeschuss: Für die einen hat er zuwenig ausgewechselt („Wie konnte Toni nur vier Spiele durchspielen?“ „Was hatte Ambrosini in der Elf verloren?), andere hingegen werfen ihm vor durch die vielen Wechsel zuviel Unruhe in die Mannschaft hereingetragen zu haben. Diese diametrale Kritik scheint mir darauf hinzudeuten, dass es den Kardinalfehler vielleicht gar nicht gegeben hat.
Aus meiner Sicht muss Donadoni sich in erster Linie vorwerfen lassen, die Weltmeisterelf mehr oder weniger übernommen zu haben. Neu waren nur Panucci, Chiellini (für den verletzten Cannavaro), Ambrosini und Cassano. Der Rest des Kernkaders waren die Weltmeister – aber mit zwei Jahren mehr auf dem Buckel.
Taktisch hat Donadoni einen großen Fehler gemacht: Vor lauter Angst hat er z. B. gegen Spanien auf offensive Optionen verzichtet. Statt Camoranesi hinter den Spitzen zu bringen durften Perrotta und Aquilani lange mit der Tarnkappe herumlaufen.
Der Verzicht auf echte Flügelstürmer, die Toni vielleicht doch noch hätten „füttern“ können, führten dazu, dass dieser immer mehr zur tragikkomischen Figur wurde.
Das Spiel gegen Spanien war ein, nein gleich mehrere Schritte zurück und Wind in den Segeln all jener, die immer vom italienischen Catenaccio squadronieren, ohne zu wissen worüber sie reden.
Abschließend: Nein, bei der WM 2006 hat Italien definitiv nicht so gespielt. Den eher mäßigen Spielen gegen die USA, Australien und Frankreich standen gute Auftritte gegen starke Ghanaer, Tschechen, gegen die Ukraine und nicht zuletzt im Halbfinale gegen Deutschland gegenüber.
ruppI1 schrieb am 24. Juni 2008:
Auch die Deutschen spielen zum großen Teil mit den Spielern die bei der WM dabei waren, allein daran kann es nicht gelegen haben, daß die Italiener ausgeschieden sind. Wie bereits von einigen Vorrednern schon angemerkt, lag es an der taktischen Ausrichtung, der großen Angst dem Gegner ins Messer zu laufen, selbst aber kein Spiel nach vorne zu entwickeln. Vielleicht fehlen den Italienern aber auch die Spieler. Ausser Buffon, Pirlo und Chiellini sehe ich keinen auf ganz hohem Niveau, ein Spiegelbild der Serie A.
Oliver Fritsch schrieb am 24. Juni 2008:
Ãœber die Reaktionen der spanischen Presse:
http://www.nzz.ch/nachrichten/euro08/verhaltene_siegesfreude_in_spanien_1.767524.html
jopi schrieb am 24. Juni 2008:
auch nicht schlecht:
http://www.nzz.ch/nachrichten/euro08/liebesentzug_fuer_die_squadra_1.767206.html
Rolls schrieb am 25. Juni 2008:
@schalkoholiker
<<der mannschaftsarzt der russen verdient (wahlweise) nebenbei oder hauptamtlich sein geld beim radrennstall astana<<
Darf ich mal fragen, wo ie Information her ist. Ich kann nichts dergleichen finden…
cheap soma schrieb am 17. April 2009:
Discount soma online…
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Frank schrieb am 23. Mai 2009:
Ja der Béla Réthy. Das sehe ich ähnlich. Schade das wir da nicht Marcel Reif hatten. Der verpasst dann auch keine Gelegenheit die Schwächen jeder Mannschaft deutlich aufzu zeigen.