Spenden Sie für Jens Weinreich!
von Oliver FritschUnd wieder mal geht’s vor Gericht. Morgen verhandelt das Landgericht Frankfurt den Widerspruch des DFB gegen die Gegendarstellung Jens Weinreichs, die er gegen die DFB-Pressemitteilung (November 2008) erwirkt hat. Ein kurzer juristischer Zwischenstand: Es steht 5:0 für Weinreich. Die Taktik des DFB ist klar: die Sache in die Länge ziehen, um die Prozesskostenrisiken zu erhöhen. Das ist das Mittel der Reichen.
Kommen wir zum Punkt in diesem Spiel Groß gegen Klein: Spenden Sie für Jens Weinreich! Damit er, der bislang in allen Punkt Recht bekommen hat, nicht klein beigeben muss. Weinreich hat sich nämlich nun doch entschieden, einen Spendenaufruf in seinem Blog zu posten. Entgegen seinen ursprünglichen Bedenken hat er ihn in seinem Blog vor zehn Tagen gepostet. (Und ich komme heute endlich dazu, darauf hinzuweisen.):
„Januar wollte ich aussteigen, als mir klar wurde, dass es finanziell riskant wird. Nach langen Gesprächen mit Freunden habe ich davon Abstand genommen. Das Hauptargument: Ich würde mich lächerlich machen, der ganze Kampf wäre für die Katz gewesen, der DFB würde meinen Ausstieg in einen kolossalen Sieg umdeuten und über seine PR-Kanäle ausschlachten. Ich weiß nicht, ob ich nicht doch irgendwann aussteige. Es schlaucht; was ich trotz gelegentlicher Großmäuligkeit mehr als einmal deutlich gemacht habe. Vor allem aber: Im Wochenrhythmus steigen die Kosten, sie könnten leicht explodieren und sich verdoppeln, sollte ich einmal vor Gericht unterliegen, was ja denkbar ist, dann kämen die gegnerischen Anwalts- und weitere Verfahrenskosten hinzu. Der Umstand, dass ich im Spätherbst 2008 rund vier Wochen keine Einnahmen hatte, weil ich mich um diese Auseinandersetzung kümmern musste, macht es nicht einfacher. Jemand hat mir mal überschlagen, dass es 70.000 Euro sein könnten, würde ich in einigen Jahren in der letzten Instanz unterliegen. Nur so, als grob geschätzte Hausmarke. Wenn es nun andere peinlich finden, dass ich um Spenden bitte, muss ich damit leben. Was man im DFB darüber denkt, ist mir egal.“
Dazu verspricht er:
„Für Transparenz auf den Konten ist gesorgt. Ich bin bereit, die Auszüge zu veröffentlichen und würde gegebenenfalls die Namen und Daten derjenigen, die nicht darauf erscheinen möchten, schwärzen. Ich kann die Kontoauszüge, Rechnungs- und Überweisungsbelege auch über unabhängige Institutionen wie das Netzwerk Recherche oder Transparency International prüfen lassen. Sollte ein Wunder geschehen und am Ende sogar ein Betrag auf dem Bankkonto verbleiben, der nicht benötigt wird, würde ich dafür plädieren, diese Summe einer Journalistenvereinigung für ähnliche Fälle zur Verfügung zu stellen. Spendenbescheinigungen kann ich allerdings nicht ausstellen. Ich könnte nur Danke sagen.“
Was seitdem geschehen ist, sollte der DFB als Signal verstehen. Rund 1.000 Leute haben bislang gespendet, zusammengekommen ist eine fünfstellige Summe. 215 Kommentare und Trackbacks sind unter dem Beitrag aufgeschlagen. Solidaritätserklärungen und Durchhalteparolen. „Die Reaktionen sind überwältigend, teilweise empfinde ich das als beschämend. Das ist eine beeindruckende Solidaritätswelle. Das muss ich erst mal verarbeiten“, sagt Weinreich im Interview mit den 11 Freunden.
Dennoch sind nun auch Sie gefragt – sofern Sie sich zu denen zählen, denen es gegen den Strich geht, wenn derjenige gewinnt, der den größeren Geldbeutel hat. Es ist schon längst ein Fall, in dem die Meinungsfreiheit auf dem Spiel steht. Der Betrag ist noch lange nicht hoch genug, um alle Risiken zu decken. Jeder Euro zählt. Auch ich bin mit 25 Steinen dabei. Es würde mich natürlich interessieren, ob Theo Zwanziger sein Versprechen wahrmacht: dass er den Gegenwert des Prozesses, für den Fall eines Siegs, aus seiner Privatkasse für einen guten Zweck spendet.
Klar ist auch, dass ich ein Beteiligter bin. Und zwar als Medium. Das uD-Wort ist in meinem Blog gefallen, und ich habe es zitiert. Wenn ich den Begriff für bedenklich gehalten hätte und nicht für einen politisch gängigen, hätte ich Jens Weinreichs Kommentar gelöscht. Ob das meine Urteilsfähigkeit beeinträchtigt – dazu bin ich zu jeder Diskussion bereit. Aber bitte sich vorher mit den Fakten vertraut machen, sie sind alle im Internet zugänglich.
Zwei Sachen sind mal wieder bezeichnend: Es sind so gut wie keine Journalisten unter den Spendern, auch die Berufsverbände halten sich zurück (nach meinem lKenntnisstand vom Wochenende, Ausnahme ist das Sportnetzwerk, das Weinreich gegründet hat). Und die etablierten Medien berichten wenig. Hier ein Zapp-Beitrag aus dem November 2008:
Das schreiben die anderen Blogger:
Stefan Niggemeier: „Ich finde es empörend, wie Zwanziger es ausnutzt, dass er es sich leisten kann, die Auseinandersetzung in die Länge zu ziehen und das finanzielle Risiko immer größer werden zu lassen.“
Thomas Knüwer von Indiskretion Ehrensache: „Für jemanden derart Partei zu ergreifen, dass ich beispielsweise um Spenden bitte – das widerstrebt mir. Eigentlich. Doch im Fall von Jens Weinreich, dem investigativsten deutschen Sportjournalisten, scheint es mir nötig zu sein. Fragen Sie sich bitte, ob es nicht Auseinandersetzungen gibt, die ausgefochten gehören zum Wohle eines höheren Ganzen. Und ob es nicht wert ist diesen Kampf zu unterstützen mit einer Spende. Ich für mich bin zu der Ãœberzeugung gekommen, dass dem so ist.“
Sascha Lobo: Schmutzige Tricks
NZZ Online berichtet auch
Ein Quiz zum Schluss: Wer hat im Juli 2004 Zwanziger als „soliden Juristen“ bezeichnet? Ohne rechtliche Folgen übrigens.
Jan schrieb am 4. März 2009:
Solider Jurist – so aus der Hüfte: entweder MV oder der Kaiser. Entscheide mich für MV.
Oliver Fritsch schrieb am 4. März 2009:
Falsch. Beides.
Ansgar schrieb am 5. März 2009:
tada, wer wohl?
Mit dem Nachsatz natürlich leichter zu lösen, aber das Bild sollte sich ja nun geändert haben, oder?
Ach so, Antwort: Jens Weinreich
Oliver Fritsch schrieb am 5. März 2009:
Gut geraten, Ansgar.
Oliver Fritsch schrieb am 5. März 2009:
Muss mich korrigieren, denn heute schreibt auch die FR:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/kultur_und_medien/medien/1685070_Journalismus-Weinreichs-Leber.html
ring2 schrieb am 5. März 2009:
„Es sind so gut wie keine Journalisten unter den Spendern“ – ist wirklich eine beschämende Erkenntnis.
Entweder, weil sie das Netz nicht verstehen und diesen Protest gar nicht wahrnehmen – oder weil sie sich selbst lähmen, aus Schiss morgen nicht mehr zur WM zu dürfen.
Beides ist fast unerträglich, Kollegen.
latze schrieb am 5. März 2009:
@ring2 (6):
Tippe auf Letzteres.
ruppI1 schrieb am 5. März 2009:
Wie das Kostenrisiko erhöht werden soll, wenn man die Sache in die Länge zieht, entzieht sich meiner kenntnis. Will sagen, durch bloßes in die Länge ziehen erhöht sich das Kostenrisiko nicht.
lotsa_rupies schrieb am 5. März 2009:
@ruppl1
Länge ist hier wohl nicht als rein zeitlicher, sondern als verfahrensrechtlicher Gang durch mehrere Instanzen zu betrachten:
Unterliegt Herr Weidenreich in einer höheren Instanz werden die Kostenbeschlüsse der unteren Instanzen wohl aufgehoben und dem Ergebnis der höheren Instanz angepasst, d.h. Kosten, welche bislang Herrn Zwanziger auferlegt wurden, werden anschließend Herr Weidenreich auferlegt.
Schön wäre es, wenn ein Gericht die Sache durch Ausschluß der Berufung oder Revision beenden würde. Dann wäre vielleicht mal Ruhe im Karton. Zumindest müsste sich Herr Dr. Zwanziger dann mit den Beschlüssen der Gerichte auseinandersetzen und nicht mit Herrn Weidenreich.
Jochen schrieb am 5. März 2009:
Es hat vor nicht allzu langer Zeit jemand von sich gesagt, er sei kein Prozesshansel. Er scheint es sich anders überlegt zu haben.
Deshalb: Einen Zwanziger für Herrn Weinreich!
Dirk schrieb am 5. März 2009:
Ist Prozesshansel eigentlich im Duden vermerkt? Sollte in Prozesstheo umgewandelt werden.
ruppI1 schrieb am 5. März 2009:
@lotsa_rupies
Es ist richtig, daß wenn man in letzter Instanz verliert, man die Kosten des gesamten Verfahrens tragen muß, also auch der unteren Instanzen. Berufung und Revision können im Zivilprozeß nicht ausgeschlossen werden, es gibt lediglich die Möglichkeit, die Revision nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Jurahansel schrieb am 5. März 2009:
@Kostenfrage
Selbst wenn JW auch in letzter Instanz gewinnt, so bleibt er dennoch auf den Kosten seines Anwaltes sitzen, die den gesetzliche Gebührenwert übersteigt. Und das wird sicherlich der Fall sein, weil mit dem Anwalt wohl Stundenhonorare vereinbart sind. Dies ist auch angesichts der Komplexität des Falls dringend geboten.