Im Fußball gibt es viel Unwissen über Doping und über Doping-Kontrollen
von Oliver FritschEin kurzes Telefonat mit Ulrike Spitz, der stellvertretenden Nada-Geschäftsführerin für Prävention und Kommunikation, über Doping im Fußball
direkter freistoss: Fifa und Uefa lehnen das Meldesystem der Wada ab. Greift die Wada zu sehr in die Privatsphäre ein?
Ulrike Spitz: Wir müssen an dem System der unangekündigten Kontrollen außerhalb der Wettkämpfe (Trainingskontrollen) festhalten. Das ist notwendig. Betrüger würden es gnadenlos ausnutzen, wenn sie, sagen wir, in ihrem Drei-Wochen-Urlaub sicher vor Kontrolleuren wären. Jedoch sind wir an einer verträglichen Lösung interessiert. Die Einstundenregel zum Beispiel halten wir gemeinsam mit dem DOSB und dem BMI für unverhältnismäßig. Doch die Wada hat sie eingeführt. Bei uns in Deutschland gilt sie ohnehin nicht für Fußballer.
df: Wann ist Doping im Fußball sinnvoll?
Spitz: Ein höheres Dopingrisiko besteht etwa in der sensiblen Phase der Saisonvorbereitung, oder auch zum Saisonende, da es dort auf die letzten Reserven ankommt. Auch in der Regeneration oder Rehabilitation kann das Dopingrisiko steigen. Mehr über die Schwerpunkte unseres Kontrollsystems will ich nicht an die Öffentlichkeit lassen, das würde es den Betrügern zu leicht machen.
df: Wie ist die Anti-Doping-Politik des DFB?
Spitz: Der DFB geht mit gutem Beispiel voran. So hat er seine Trainingskontrollen von 90 (2007) auf 500 (2008) erhöht.
df: Aber es gibt ja alleine über 300 Erstligaprofis.
Spitz: Man kann natürlich immer noch mehr tun, aber das Signal ist eindeutig; im Fußball wird ja bereits außerhalb der Nationalkader im Training kontrolliert. Zudem gibt es im Fußball eine große Zahl an Wettkampfkontrollen, da die Wettbewerbsdichte sehr hoch ist. Marathonläufer muss man naturgemäß häufiger im Training kontrollieren, da sie selten mehr als drei Wettkämpfe pro Jahr haben.
df: Bei den Wettkämpfen lassen sich jedoch nur die Dummen erwischen. Zuletzt gab es zudem einen Zwischenfall bei der TSG Hoffenheim.
Spitz: Das hat uns überrascht, weil es zum Teil auch auf Unwissenheit basierte. Ich dachte, wir wären weiter. Daher werden wir das Gespräch mit dem DFB suchen. Doch ich wir halten die Strafe für den Verein für angemessen. Unsere Justitiarin hatte Akteneinsicht und war bei der Verhandlung dabei.
df: In der Liga hatte man kein Verständnis dafür, dass es sich hierbei überhaupt um einen Doping-Verstoß handeln könnte.
Spitz: Es gibt viel Unwissen über Doping und über Doping-Kontrollen. Aber es geht Schritt um Schritt voran.
df: Als Konsequenz hat der DFB angekündigt, das Chaperon-System einzuführen.
Spitz: Wir begrüßen das sehr und werten es als Zeichen, dass der DFB an der Optimierung interessiert ist.
df: Sind Sportgerichte in der Lage, transparent und gerecht zu urteilen? Sie haben den Ruf, den Sport vor Zugriffen von Außen zu schützen.
Spitz: Als neutrale Instanz gibt es das Nationale Sportschiedsgericht bei der Deutschen Institution für Sportschiedsgerichtsbarkeit (DIS), mit dem die Verbände Vereinbarungen abschließen können. Dort können auch Doping-Vergehen verhandelt werden, und dort ist Unabhängigkeit garantiert. Die Gefahr bei Sportgerichten der Verbände ist ja nicht nur, dass sie zu milde strafen könnten, sondern auch zu hart, um nicht in den Ruf zu geraten, da gäbe es vielleicht Abhängigkeiten. Die DIS wird derzeit bereits von einigen Verbänden genutzt, auch von kleineren, die kein echtes Schiedsgericht haben.
Legende
Risikostufen / Testpool-Einteilung:
Registered Testpool (RTP) A Die Top-Athleten der Sportarten der Risikogruppe 1, Ausdauer-, Kraft- und Kraftausdauersportarten (Beispiele Marathon, Ski-Langlauf, Gewichtheben, Schwimmen, Rad): Einstundenregel und Vierteljahres-Meldungen
Nationaler Testpool (NTP) B Die Top-Athleten Kaderathleten der Sportarten der Risikogruppen 2 und 3, u.a. Spielsportarten (etwa Fußballnationalspieler): Dreimonatsregel Vierteljahresmeldungen
Allgemeiner Testpool (ATP) Alle anderen Kadersportler (B-, C-, D/C-, D-Kader): Abgabe von Adressangaben und Rahmentrainingspläne
Team whereabouts Ligaspieler, bei denen außerhalb der Wettkämpfe getestet wird (z.B. Fußball, Spielsportarten Nicht-Kaderathleten)
Chaperon: Helfer des Anti-Doping-Beauftragten beim Sport. Er begleitet den Sportler von der Wettkampfstätte zur Doping-Kontrolle.
Doping im Fußball? Die Front der Leugner steht | sportticker schrieb am 9. April 2009:
[…] Anti-Doping-Agentur die bislang nur angekündigte Einführung von Chaperons im Gespräch mit dem “Direkten Freist0ß” dennoch als Schritt zu einer Optimierung des Dopingkampfes im deutschen Fußball bewertet und dem […]