Sportreporter und Abseitskenntnis – das schließt sich wohl aus
von Oliver FritschFragmente aus dem Live-Blog Man City-HSV 2:1
Endstand 2:1 Der HSV hatte in Manchester bange Minuten zu überstehen, zwischenzeitlich war seine Widerstandskraft erloschen. Ein Mal Pfosten, ein Mal Latte, einige gute und einige halbgute Torchancen für Man City – das war knapp. Andererseits gingen beiden Gegentoren Fehlentscheidungen des Schiedsrichters voraus: ein Nieundnimmer-Elfmeter und ein übersehenes Abseits. Der HSV hat in dieser Saisonphase große Probleme, über 90 Minuten zu „gehen“. Rechnet man das Hinspiel ein, ist der HSV der verdiente knappe Sieger. Jedenfalls waren es zwei sehr aufregende, intensive Spiele. Komisch, dass die Spieler heute ständig ausrutschten. Da muss der Zeugwart aber was in die Mannschaftskasse tun.
Martin Jol nach dem Spiel: „Wir wussten, dass sich die Schiedsrichter hier beeinflussen lassen.“ Spricht den Elfmeter und das Abseitstor an. Premiere-Reporter: „War kein Abseits.“ Das wäre auch zu viel verlangt, dass ein deutscher Sportreporter die Abseitsregel verstehen würde.
Halbzeitstand 1:1 Tempo und Intensität sind im Spiel, kaum Unterbrechungen, von den vielen Abseitsentscheidungen gegen City abgesehen. Zweite (Europa-)Liga im besten Sinne. Der HSV hat sich zunächst durch die üble Fehlentscheidung, die zum Ausgleich geführt hat, nicht aus dem Konzept bringen lassen. In den letzten 15 Minuten jedoch war City aktiver. Entweder sind die Außenmikrofone extrem laut gestellt (soll in England ja vorkommen), oder die Stimmung ist wirklich so gut. Musste eben den Fernseher leise stellen. HSV-Fans wie immer sangesfreudig, vorhin war der Capo und Fast-Aufsichtsrat Jojo Liebnau im Bild. Mit Megaphon. Und mit dem Rücken zum Spiel.
JP schrieb am 17. April 2009:
Das zweite Tor habe ich nicht gesehen, aber der Elfmeter war meiner Ansicht nach glasklar. Da oben haben die Hände ganz einfach nichts zu suchen. Was soll das Gejammere? Der Ball darf nicht mit der Hand berührt werden. Die Verteidiger-Unsitte, die Hände irgendwo in Kopfhöhe zu haben, um nach dem abgewehrten Schuß dann mit Rehaugen dem Schiri etwas von „angeschossen“ zu erzählen, sollte öfter bestraft werden.
Wenn der Arm am Körper anliegt, oder in einer normalen Laufbewegung angeschossen wird, dann ist evtl. anders zu bewerten… Natürlich liegt das im Ermessen des SRs (die Feldhockey-Regalauslegung würde mir auch nicht gefallen), und die Diskussionen werden sich selten vermeiden lassen. Aber gestern war es eindeutig genug.
Immerhin hat es der HSV dennoch geschafft, so daß jetzt wenigstens eine deutsche Mannschaft noch dabei ist, der man die Daumen drücken kann.
Jan schrieb am 17. April 2009:
Und ich dachte noch so vor mich hin „War das nicht Abseits?“ Aber nachdem weder der Premiere-, noch die versammelten Kneipenexperten sich dahingehend äußerten, zuckte ich innerlich mit den Schultern und dachte nicht weiter drüber nach.
Kann nicht jetzt mal einer am Wochenende in einer der zahlreichen Fußball-Sendungen, und wenn es der Zeigler ist, diese Szene noch mal in Ruhe aufbereiten und erklären, ob das eine Abseitsposition war? Kann ja nie und niemandem schaden, auch die „Basics“ immer wieder mal zu schulen. „Repetitio ist mater studiorum.“ Oder ist das schon wieder zu intelektuell gedacht, zu verkopft?
Oliver Fritsch schrieb am 17. April 2009:
Nö, JP, der Schuss geht an den angelegten linken Oberarm. Vielleicht dachte der Schiedsrichter, dass er gegen die rechte Hand ging.
Ok, zugegeben, war schwer zu sehen.
http://www.youtube.com/watch?v=i0bfslDSeqM
latze schrieb am 17. April 2009:
Da muss ich doch mal eben eine Lanze für SAT.1 und Erich Laaser brechen: Der hat die Abseitsposition beim 2:1 klar benannt.
Und der Elfmeter war keiner, finde ich.
amx schrieb am 17. April 2009:
In der dritten oder vierten Zeitlupe sieht/ahnt man, dass der Ball tatsächlich am linken Oberarm abprallt und nicht ein paar Zentimeter dahinter gegen die rausgestreckte rechte Hand. Da liegt der Fehler wohl mehr beim Spieler, der so blöd in den Ball geht, als beim Schiedsrichter, der aus seiner Blickachse (er steht schräg links) der Überzeugung sein muss, die hochgerissene rechte Hand schlägt den Ball weg.
Was die Abseitsstellung betrifft: Ihr meint den ersten Pass in die Spitze, oder? Klar steht der Spieler in einer Abseitsposition, aber ebenso klar ist, dass der Verteidiger den Ball abfangen wird und der Angreifer deshalb nicht aktiv ins Spiel eingreifen kann.
Das meint jedenfalls das International Football Association Board zum Thema:
2. Ein Spieler greift ins Spiel ein:
– wenn der den Ball, der zuletzt von einem Mannschaftskollegen berührt oder gespielt wurde, selber spielt oder berührt;
– wenn er einen Gegenspieler daran hindert, den Ball zu spielen oder spielen zu können, indem er eindeutig die Sicht des Gegners versperrt oder Bewegungenoder Gesten macht, die den Gegner nach Ansicht des Schiedsrichters
behindern, täuschen oder ablenken;
– wenn er einen Vorteil aus einer Abseitsstellung erlangt, indem er den Ball spielt, der vom Pfosten oder der Querlatte oder von einem gegnerischen
Spieler zu ihm prallt.
Ein Spieler in einer Abseitsstellung kann bestraft werden, bevor er den Ball
spielt oder berührt, falls nach Ansicht des Schiedsrichters kein anderer Mitspieler, der sich in einer Nicht-Abseitsstellung befindet, die Möglichkeit hat, den Ball zu spielen.
Und das ergänzt der DFB in seinen Anweisungen:
Wenn ein Ball offensichtlich zu einem Spieler gespielt wird, der sich in einer Abseitsposition befindet, und auch nur dieser Spieler den Ball bekommen kann, so hebt der Asisstent in dem Augenblick die Fahne, wo er dies erkennt, bzw. der Schiedsrichter pfeift auch dann schon Abseits.
Besteht jedoch ein Zweifel, ob der Ball wirklich zu dem abseitsstehenden Spieler gelangt, (…), so muss mit der Abseitsentscheidung so lange gewartet werden, bis klar erkennbar ist, welcher Spieler den Ball spielt.
Diese Zweifel bestanden durchaus, denn es war klar, dass der Verteidiger an den Ball kommt, weil der abseits stehende Stürmer von zwei Vertedigern abgeschirmt war. Dass der Ball vom HSV-Verteidiger dann wieder zum einem City-Angreife kommt, führt zu einer neuen Spielsituation.
Oliver Fritsch schrieb am 17. April 2009:
Es ist aktives Spiel des gegnerischen Stürmers. Denn er zwingt Jansen zu einer unkoordinierten Abwehraktion, woraufhin der Ball dann beim Gegner landet. Soll Jansen den Ball durchlassen und den Arm heben? Soll er darauf vertrauen, dass der Schiedsrichter pfeift? Wie kann Jansen überhaupt wissen, dass sein Gegenspieler im Abseits ist? Das ist nicht seine Aufgabe.
Andreas schrieb am 17. April 2009:
Also beim Elfer muss man das aus 2 Blickwinkel betrachten: 1. den der TV-Kamera, auf es so aussieht, als ob der angelegte Arm getroffen wird –> also kein Elfer und 2. den des Schiedsrichters, der wahrscheinlich den Ball an der rechten Hand gesehen hat –> also Elfer. Eigentlich stellt sich die Frage, ob die rechte Hand dran war oder nicht und wenn ja (dass finde ich widerlegen die TV-Bilder nicht eindeutig!) ist es Elfer, also schon eine nachvollziehbare Entscheidung, aber vermutlich falsch.
Das 2. Tor war definitiv Abseits durch der Spieler, welcher Jansen hinterläuft und muss abgepfiffen werden, da Jansen den Ball nicht kontrollieren konnte bzw. keinen Vorteil mehr hatte.
zu SAT.1: Laaser war gut, Doll nicht schlecht, aber ansonsten sollten sie öfter Sammer holen, der bei Barca-Bayern ausgezeichnet war m.M.n.
Schade das nicht wenigstens ein Bremer Spiel im Free-TV gezeigt wurde. Auch wenn es so besser für mein Herz und meine Nerven war 🙂
amx schrieb am 17. April 2009:
„Unkoordinierte Abwehraktion“ klingt gut, könnte man aber auch unter dem Stichwort verbuchen „kann weiter stoppen als andere schießen“.
Oliver Fritsch schrieb am 17. April 2009:
So sieht das bei Jansen halt aus. Auch sonst oft. Stimmt schon.
Aber das entscheidende ist: Es entsteht ihm ein Nachteil daraus, dass er ins Spiel eingreift. Und das darf nicht sein. Selbst wenn das in den Buchstaben der Abseitsregel nicht verankert ist, in ihrem Geist ist es.
moz schrieb am 19. April 2009:
@amx und abseits oder nicht: korrekt beschrieben und auch so auslegbar. aber eben doch blöd gelaufen für jansen.
beim elfer mag die perspektive auf dem platz eine andere gewesen sein. anhand der tv-bilder konnte man nur die stirn runzeln ob der entscheidung.
greencard schrieb am 1. Mai 2009:
Diese sind nicht überraschende meine mehr, aber Dank.