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Der Chef dieses Theaters plant, das Themenspektrum dezent zu erweitern, das heißt, es wird hier in Zukunft manchmal auch um Nicht-Fußballerisches gehen, etwa um Onlinejournalismus, um es mal allgemein zu formulieren. Aus gegebenem Anlass mache ich den Anfang: die neue Gesprächsreihe Gewinner und Auslaufmodelle – Wer profitiert von der Medienkrise?, organisiert von der dpa-Tochter News aktuell. Sie startete in der vergangenen Woche in der Bucerius Law School in Hamburg, mit Vertretern von Springer, Gruner + Jahr, Spiegel, Zeit und Google auf dem Podium. Weitere Veranstaltungen zu dem Thema finden in den kommenden Monaten in verschiedenen deutschen Städten statt.

Eines vorweg: Ich verstehe mich, obwohl ich sporadisch blogge und regelmäßig microblogge, als Teil der so genannten alten Medienwelt. Wenn ich allerdings lese und höre, was exponierte Altmedienvertreter über die mehr oder weniger neuen Medien von sich geben, wird mein Zugehörigkeitsgefühl oft auf die Probe gestellt. Das war auch bei bei dieser Veranstaltung in Hamburg so.

Da klagte zum Beispiel Christoph Keese, der Außenminister des Hauses Axel Springer (Konzerngeschäftsführer Public Affairs lautet sein offizieller Titel): Obwohl die Nutzungsraten der Verlags-Webseiten stiegen, „fließen die Zahlungsströme zu Google und die Telekommunikationsanbieter – aber komplett an uns vorbei“. Der Befund ist nicht neu, und daher stellt sich die Frage, warum die Verlage in dieser Hinsicht noch keine zündende Idee hatten. Kann man denn Google die Schuld dafür geben, dass man selbst nur auf unzureichende Weise finanziell davon zu profitieren vermag, dass der Suchmaschinengigant die Nutzer auf die ach so tollen Online-Angebote der Printverlage weiterleitet?

Auffällig war, dass die Diskutanten ihrer Branche zwar teilweise eine gewisse Trägheit bei technischen Entwicklungen attestierten. Keese meinte beispielsweise, so etwas wie Google News hätten eigentlich die Verlage erfinden müssen. Die Qualität der eigenen journalistischen Produkte mochte aber niemand hinterfragen. Julia Jäkel, bei Gruner + Jahr Verlagsgeschäftsführerin der Gruppe Exclusive & Living, sagte, Probleme hätten hier zu Lande zwar Regionalblätter, die versuchten, „überregionale Tageszeitungen zu kopieren, und auf der Titelseite das bringen, was man am Abend vorher schon in den Tagesthemen gesehen hat“ (womit sie ja im Kern Recht hat). Aber sonst? Medienkrise? Davon könne doch nicht die Rede sein. Jäkel glaubt, dass in diesem Jahr „ein paar tolle Magazine“ neu auf den Markt kämen. Keese ergänzte, der vor Jahren prophezeite Siegeszug der Blogger und „Bürgerjournalisten“ sei ausgeblieben, „die traditionellen Verlage“ hätten „das Rennen gewonnen“. Weitere Zitate: „Wir befinden uns nicht in einer fundamentalen Produktkrise. Das Nutzerinteresse an den Dingen, die wir herstellen, ist ungebrochen“ (Fried von Bismarck, Spiegel-Geschäftsführung); „Die deutschen und die amerikanischen Zeitungsverlage haben ihr Publikum nicht verschreckt. Wir sind exorbitant erfolgreich“ (Keese). Als Beleg für diese Thesen wurden steigende Nutzerzahlen angeführt. Aber sind Klicks ein Kriterium für Qualität?

In solchen Momenten wünschte man sich jedenfalls, News aktuell hätte einen angriffslustigen Alphablogger eingeladen, der die selbstzufriedene Runde aufmischt. Womit wir bei einem für Medien-Panels typischen Problem wären. Die sind meistens mutlos und überraschungsfrei zusammengestellt. In diesem Fall lautete die Devise: Wenn man Springer einlädt, muss auch Gruner + Jahr kommen, und wenn man beim Spiegel anfragt, darf man die Zeit nicht außen vor lassen. Als Schurke war wohl Kay Oberbeck vorgesehen, der Sprecher von Google, doch der Abgesandte des Konzerns, den der eine oder andere zu kurz denkende Verlagshierarch gern mal verteufelt, hatte keine Lust auf diese Rolle. Er pries die Zusammenarbeit mit den Verlagen im Bereich Werbung derart, dass Rainer Esser (Zeit-Verlagsgeschäftsführer) ätzte, wenn man ihm, dem Mann von Google, so zuhöre, möge man beinahe glauben, sein Konzern verstehe sich als „Samariter“. Oberbecks Gesamteinschätzung: Es gebe zwar immer wieder „Nickligkeiten“, aber letztlich sei das Internet doch ein „Kooperationsgeschäft“. Ein Suchmaschinist als staatsmännischer Süßholzraspler – auch darauf kann man verzichten.

2 Kommentare

  1. Ingrid schrieb am 28. April 2009:

    Ich hatte vor kurzem einen Artikel betr. Online-Medien gelesen, habe den noch mal herausgesucht:
    http://www.faz.net/s/RubD5CB2DA481C04D05AA471FA88471AEF0/Doc~EF5F467DC52794598B125B147F0CC01B7~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Ich habe sonst schon gedacht, wie das überhaupt funtionieren kann, wenn Berichte im Internet frei zu lesen sind, wie die Verlage ihre Kosten decken. Ich kaufe keine Zeitungen, da ich eigentlich nur Sportberichte lese, stoße dann im Internet aber gelegentlich mal auf andere Berichte, die ich dann lese.

    Schon etwas älter ist dieser Bericht:
    http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~E5B8AE7DD39AD4D319C4EDDE4E0E2CF90~ATpl~Ecommon~Scontent.html

    Als ich den damals gelesen habe, dachte ich auch an den idF und dF, wo es ja auch die Links zu den Onlinezeitungen gibt. Nur wird bei diesen Links nicht ein neues Fenster geöffnet und nach dem Lesen des verlinkten Artikels vergesse ich dann, dass ich wieder auf „zurück“ klicken müsste, um weiter auf der Ausgangsseite zu lesen und klicke die verlinkte Zeitungsseite weg und schon ist auch der idF oder dF weg. Das verstehe ich eigentlich nicht, warum man das hier so handhabt.

  2. Daniel schrieb am 29. April 2009:

    Ich habe mir den ersten faz-Artikel durchgelesen und war sprachlos ob soviel dreister Lobbyarbeit und inhaltlich unhaltbarer Argumentation. Hier mal ein Link, der die Sache aus anderer Perspektive darstellt:

    http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30221/1.html

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