Hallo Schalke? Moschee im Dorf lassen!
von Günter ClobesTypischer Fall von Sommerloch? Oder muss jetzt jeder Verein kurz vor dem Start in die neue Saison ähnlich prominent auf sich aufmerksam machen wie Mainz 05? In Schalke steht nämlich das Vereinslied am Pranger, weil es angeblich den Propheten Mohammed beleidigen soll („Mohammed war ein Prophet, der vom Fußballspielen nichts versteht. Doch aus all der schönen Farbenpracht hat er sich das Blau und Weiße ausgedacht.“)
Was ist das für eine Gespensterdebatte? Und warum regt sich gerade jetzt jemand darüber auf? Wer hat das – nach so vielen Jahren – entdeckt? Wer Zeit hat, kann ja mal die anderen Vereinslieder durchforsten, ob die nicht ähnlich verheerende Inhalte „ungestraft“ verbreiten.
Als wäre das nicht schon alles traurig und bekloppt genug, hängt Schalke 04 die Nummer gleich ganz hoch. „Wir stehen bereits in Kontakt mit der Polizei und dem Staatsschutz„, sagte eine Vereinssprecherin der „Frankfurter Rundschau“. Die Polizei sehe aktuell aber keine konkrete Bedrohung. In den bisher ausgewerteten Mails sei keine Gewalt angedroht worden; nun solle ein Islamwissenschaftler die Liedzeilen prüfen. Das ist einfach nur peinlich und muss wohl in der Abteilung „vorauseilende Hysterie und Panikmache“ abgeheftet werden. Wie man den Ball in einer solch lächerlichen Sache flach hält, zeigt dagegen der Zentralrat der Muslime: „Das Lied ist nach unserer Ansicht weder Blasphemie, noch stellt es eine Verhöhnung des Propheten dar“, sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Aiman A. Mazyek, dem Fernsehsender N24. Das Lied sei nicht zu beanstanden und könne bleiben, wie es ist. So gebe der Text zu verstehen, dass Mohammed keine Ahnung von Fußball habe: „Ist ja auch klar, weil er nämlich vor der Erfindung des Fußballs gelebt hat. Also, lassen wir doch die Moschee im Dorf und versuchen, das mit Humor zu nehmen.“
Die einzigen, die nun erkennbar und nachweislich etwas Gutes von der Sache hatten, waren die Medien: unverhofft kommt halt oft. Hoffentlich fängt bald der Fußball wieder an, damit solche Medienhypes keine Chance mehr haben. Oder anders gesagt: Mohammed, wirf Hirn vom Himmel!
Oliver Fritsch schrieb am 5. August 2009:
Von wegen keine Ahnung von Fußball! Kennt Ihr keine Mohammedismen?
Weisheit Mohammed entsprießt: Es gewinnt, wer Tore schießt.
Mohammed, ein Mann von Welt und tief im Herzen Hartplatzheld.
Es sprach Mohammed, der Prophet: Die Schale ihr von weitem seht!
Mehr gibts hier:
ttp://www.zeit.de/online/2009/32/schalke-mohammed-vereinslied
tafelrunde schrieb am 6. August 2009:
Es ist absurd, ja geradezu beängstigend, was diese Meldung über einen Artikel in einer türkischen Zeitung bei den Leuten hierzulande alles auszulösen vermag. Da kochen sämtliche Ängste gegen den Muselmanen an und für sich auf höchster Flamme hoch.
Sofort wird der Islam und dessen Anhänger pauschal auf Teufel komm raus niedergepöbelt und der Untergang des Abendlandes prophezeit.
Auf der anderen Seite lassen sich die politisch ach so korrekten genau so vor den Karren spannen. Islamwissenschaftler kontaktieren, ja schmeiß dich weg!
Um was geht es denn hier?
Irgendein Journalist eines türkischen Revolverblattes (und davon gibt es viele dort) hat eine Liedzeile in einem deutschen Vereinslied entdeckt, in der Mohamed erwähnt wird. Dann geht er zum Chefredakteur und sagt, dass er da eine Story hinsichtlich Verunglimpfung des Islam machen kann. Weil auch in der Türkei Sommerloch ist, denkt der Chefredakteur: ok. Mach mal! Bei uns in den Redaktionen läuft das gleiche Spiel ab. Vorreiter hier die SZ. Alle schreiben davon ab. Und siehe da. Die Volkseele kocht. Skandal erreicht. Auflage gesteigert. Gutes Geld verdient nach dem Motto, Pecunia non olet (Geld stinkt nicht).
Es wäre keine Überraschung, wenn das nicht wieder auf dem Mist der Titanic-Redaktion gewachsen wäre. Wenn, dann müssen die sich gerade schlapp-lachen.
BluePirateS04 schrieb am 9. August 2009:
Also zunächst einmal ist es doch wohl so, dass es tatsächlich hunderte Protest- und Hassmails gegeben hat und Islamwissenschaftler und auch die Polizei die Sache von Anfang ernst genommen haben und dies auch Schalke empfohlen haben. Schalke vor diesem Hintergrund „vorauseilende Hysterie und Panikmache“ vorzuwerfen ist schon ein starkes Stück. Ursache und Wirkung sollte man da nicht vertauschen.
Im Ãœbrigen hatten es die Journalisten ja selbst in der Hand die Sache nicht zu sehr aufzubauschen und keine Schlagzeilen damit zu produzieren. Wenn man Schalke schon „vorauseilende Hysterie und Panikmache“ vorwirft dann bitte auch den eigenen Kollegen, die damit Schlagzeilen gemacht haben um Auflage und/oder Internetklicks zu produzieren und womöglich der eine oder andere auch mit der Absicht und Aussicht Schalke in ein schlechtes Licht zu rücken.
Das Problem an der Mohammed-Sache für so manchen Sportjournalisten ist wohl wirklich, dass Schalke aus der Sache sehr gut herausgekommen ist ohne Schaden, zumindest nicht negativ. Diesen Journalisten kann man mit etwas Schalker Schadenfreude nur „raten“ sich demnächst mehr Mühe zu geben beim Schalke-Bashing, zumindest sich vorher zu überlegen, ob das Ding auch wirklich – wie womöglich von einigen tatsächlich beabsichtigt – in die richtige Richtung geht 😉 .
Jojo schrieb am 9. August 2009:
Die Sache hat hoffentlich einigen Journalisten vor Augen geführt, dass sich nicht jedes Thema zum Bashing gegen wen auch immer eignet und auch Sportjournalisten eine über den Sport hinaus gehende gesellschaftliche Verantwortung bei ihrer Berichterstattung haben.
tafelrunde schrieb am 9. August 2009:
@jojo: exakte Punktlandung!