Amerell siegt vor Gericht, Zwanziger wird empfindlich getroffen, Niersbachs Heimspiel
von Oliver Fritsch
Die Schlacht geht weiter. Einen Punktsieg landete gestern Manfred Amerell, der vor dem Landgericht Augsburg eine Einstweilige Verfügung gegen Theo Zwanziger erstritt. Zwanziger darf die Beziehung zwischen Amerell und Michael Kempter nun nicht mehr mit den Missbrauchsfällen anderenorts, etwa in der katholischen Kirche, in reformpädagogischen Internaten oder bei den Regensburger Domspatzen vergleichen.
Thomas Kistner (SZ) stimmt dem voll zu:
„Zwanzigers Vergleich ist unerträglich; er verhöhnt die Opfer. Die Rote Karte des Richters macht Zwanziger nun zur peinlichen Figur. Sie zeiht ihn der Trittbrettfahrerei bei einem Thema, das zur Zeit das ganze Land bewegt. Vielleicht beginnen ja nun diejenigen, die Zwanziger kürzlich noch so imposant stützten, ernsthaft nachzudenken.“
Amerells Anwalt Jürgen Langer versucht, Zwanziger an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen: „Zwanziger hat sich mit dieser Aussage demaskiert. In Wahrheit führt er einen Kreuzzug gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen, wenn er diese mit Missbrauchsfällen in der Kirche vergleicht“ (aus der SZ).
Die taz bedauert: „Der homosexuelle Mann hat den Verbündeten Theo Zwanziger verloren.“
Volker Roth wird nun wohl doch schon am 9. April zurücktreten. Roth war seitens des DFB stets geschützt worden, Zwanziger hob seine Verdienste hervor. Was Roth zu einer Umkehr bewogen haben könnte, ist die große Frage. So wie man liest und hört, soll Zwanziger nicht viel mit Roth gesprochen haben. „Roth ist auch ein Bauernopfer des DFB“, schreibt der Tagesspiegel.
Philipp Selldorf (SZ) beleuchtet den anstehenden Personalwechsel:
„Der Profifußball ist der einzige Gewinner der hässlichen Affäre, er wird künftig mehr Einfluss auf die Schiedsrichterei haben. Bisher war man nur der Empfänger einer Dienstleistung des DFB. Roths Intimfeind Hellmut Krug, den die DFL sozusagen als Oppositionsführer beschäftigte, wird in das neue, von Herbert Fandel geleitete Führungsgremium aufrücken. Nach den Schilderungen von Eingeweihten ist dieser Personalwechsel eine Befreiung. Niemand leugnet, dass Roths Arbeit – so wie die von Amerell – äußerst effektiv war, doch seine Herrschaft wurde in düsteren Bildern beschrieben, von ‚Geheimbund‘ und ‚Schattenwelt‘ war die Rede. Selbst Zwanziger sprach von einem ‚Kartell‘. Die Frage ist, warum es erst einen monströsen Skandal geben musste, um Licht in die Schattenwelt zu lassen.“
Ich habe mich für Zeit Online mit Hamburger Amateurschiedsrichtern über den Fall unterhalten. Erst traf ich mich mit Ralph „Ivan Drago“ Vollmers im Café Wien auf der Binnenalster. Zwei Tage später besuchte ich die gesamte Innung nach ihrem Fitnesstraining im Vereinsheim des Polizei SV Hamburg an der Sternschanze. Es ging mir um die Frage, wie der Skandal an der Basis empfunden wird. Sie machen einen sehr gelassenen Eindruck, sagen aber: „Schiedsrichterkarrieren werden von Politik mitbestimmt.“ Volker Roth haben sie auch mal erlebt.
Wer mal sehen will, wie knallhart der Hessische Rundfunk Wolfgang Niersbach rangenommen hat, schaut hier. Die Sendung heißt übrigens „Heimspiel“.
Oliver Fritsch schrieb am 18. März 2010:
Wir sollten einen Counter einrichten. Kempter 1 Amerell 0
http://www.zeit.de/newsticker/2010/3/18/iptc-hfk-20100318-46-24253186xml
nona schrieb am 18. März 2010:
Wir sollten das Material sammeln, aufbereiten, und irgendwo in Brasilien oder Mexiko als Seifenoper verkaufen. Oder vielleicht gleich in Absurdistan.
sportinsider schrieb am 18. März 2010:
@nona: Gemach, gemach. warum denn in die Ferne schweifen, sieh das gute liegt so nah. In Deutschland gibt es mit Wedel, Dietl oder Eichinger genug fähige Regisseure die einen Filmstoff publikumswirksam umsetzen können. Eichinger hat 16 Jahre Aquise bei den Rechten für den Film bei Patrick Süßkind – Das Parfüm -hinter sich. Wedel hat gerade seinen Gier Film über den real existierenden ehemaligen Hochstapler offeriert. Dietl käme auch ganz gut in Frage. Er kann Eitelkeiten, Intrigen,Indiskretionen etc. auch ganz gut in Szenme setzen. Nein das Material braucht nicht außer Landes.
Ein großes Lob gebührt an dieser stelle einmal dem Hausherrn Oliver Fritsch. Mit welcher Beharrlichkeit und Intensität Du dich den Themen seit Wochen mit einer Wadenbeißer Mentralität widmest läßt mich an das WM Finale 74 denken. Voigts blieb an König Johan Cruyff auch immer dran. Respekt!
Bari$ schrieb am 18. März 2010:
Also ich bin doch sehr überrascht, wie 20ers Vergleich interpretiert wird, sowohl medial als auch juristisch.
Er vergleicht schliesslich gar nicht „die Beziehung zwischen Amerell und Michael Kempter mit den Missbrauchsfällen anderenorts, etwa in der katholischen Kirche, in reformpädagogischen Internaten oder bei den Regensburger Domspatzen“, sondern die Zeit zwischen Auftreten und Aufdeckung dieser Geschichten, wobei er als Grundvoraussetzung davon ausgeht, dass es sich beim Verhältnis Amerell/Kempter um sexuelle Belästigung handelt, was allerings noch zu klären ist.
Es geht nicht also nicht darum, dass das Verhältnis Amerell/Kempter homosexuell ist, sondern ob es sich um sexuelle Belästigung handelt oder nicht. Etwas anderes kann ich persönlich nicht aus 20ers Aussagen rauslesen.
Dass er den Vergleich zieht, liegt natürlich an der Aktualität der Ereignisse.
siehe hierzu auch:
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2010/03/17/hoffentlich-klagt-zwanziger/
Marek schrieb am 20. März 2010:
Bari$: Voll mit Dir einverstanden. Man schiesst auf Dr. Zwanziger ein, aber m.E. hat er kaum was falsch gemacht. Es ist leicht zu kritisieren, aber genau zuzuhören oder gar abzuschätzen, was er hätte besser machen können, das kann sich kaum einer der Kritiker vorstellen. Beim DFB gibts irgendeinen Maulwurf, der vertrauliche Info rausträgt. Amerels Gegenangriff tat dann ein übriges, um die Situation unbeherrschbar zu machen.
Bari$ schrieb am 8. April 2011:
Nächste Runde:
„Zwanziger siegt vor Gericht gegen Amerell“
http://www.11freunde.de/newsticker/137589
Gibts da ne nächste Instanz?
Vielleicht wirds ja nochwas mit der Seifenoper…