Kontroll-Prince Boateng
von René MartensDass Pressesprecher von Profivereinen und Berater von Stars zur Kontrollmanie neigen und dabei oft ein recht befremdliches Verständnis von Pressefreiheit offenbaren, ist für viele Journalisten nichts Neues. Einen aktuellen Fall dokumentiert jetzt der Spiegel. Für ein Doppelporträt der Boateng-Halbbrüder (Seite 102) wollte das Magazin beide Spieler interviewen, doch nur mit Jérome kam ein Gespräch zustande. Das mit Kevin-Prince Boateng fiel aus, weil dessen Manager verlangte, „der komplette Text müsse von ihm gelesen und freigegeben werden, bevor er veröffentlicht wird“, wie der Spiegel schreibt. Redakteur Maik Großekathöfer sollte eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnen – worauf sich der natürlich nicht einließ. Bekanntlich steht derzeit zur Debatte, dass Kevin-Prince Boateng aufgrund der Insolvenz seines FC Portsmouth bald den Verein wechselt. Wichtiger scheint es allerdings zu sein, dass er sich einen neuen Manager sucht.
Peter Glock schrieb am 11. April 2010:
Ãœberrascht das irgendjemand?
www.angerissen.de schrieb am 12. April 2010:
bei denen wundert mich gar nichts mehr
Jan schrieb am 12. April 2010:
Kevin-Prince „E.v. Hirschhausen“ Boateng
booze schrieb am 12. April 2010:
Ich verstehe die Kritik nicht. Boateng ist Fussballer, und kein Interview-Lieferant. Ein Spiegel-Interview wird ihm auch kaum bei der Vereinssuche helfen.
Wer einmal mit Journalisten zu tun hatte, weiss das die gerne mal etwas schreiben, was nie passiert ist oder geagt wurde. Da muss man vorsichtig sein. Und ich meine, die eine oder andere Ente über die Boatengs ist auch schon mal in der Presse aufgetaucht. Daran ändert sich auch nichts dadurch, das sich ein Spiegel-Journalist aufbläst. Der soll sich mal lieber um Seriösität bemühen.
mwuebbe schrieb am 13. April 2010:
Ich finde das auch nicht verwunderlich, dass der Manager möchte, dass er vorab das Interwiew liest. Macht der Manager von Ballack ja auch, damit nicht wieder verdrehte Tatsachen (und das gerade in England) an die Öffentlichkeit getragen werden.
Heulerei gehört wohl auch zu dem Jounalisten, warum sonst musste er das überhaupt erwähnen?
Swap schrieb am 13. April 2010:
eigentlich hat er völlig recht das Interview nochmal zu lesen. bei den sachen die schon über ih geschrieben wurden….
rmartens schrieb am 13. April 2010:
@mwuebbe, @swap: In Deutschland ist es üblich, dass ein Interviewter die O-Töne vorgelegt bekommt – mehr nicht. Schon das ist allerdings eine Unsitte. Journalisten aus anderen Ländern wundern sich darüber, dass sich hier so etwas durchsetzen konnte. Wenn Boatengs Manager verlangt, den kompletten Text vorgelegt zu bekommen, dann stellt das „eine krasse Ãœberschreitung der üblichen Grenzen dar“ – um mal zu zitieren, was die „Süddeutsche Zeitung“ zu der vergleichbaren, von Jan hier in den Kommentaren erwähnten Causa von Hirschhausen geschrieben hat.
Holz schrieb am 13. April 2010:
Ich würde an dieser Stelle mal unterscheiden zwischen einem Interview und eine Bericht. Ersteres würde ich auch Korrektur lesen wollen. Bei letzterem geht das ja tatsächlich etwas weit.
Ich sehe aber keine Einschränkung der Pressefreiheit im Wunsch ein Interview vorab nochmal zur Kenntnis gereicht zu bekommen. Das ihnen entgegengebrachte Mißtrauen haben sich viele Journalisten hart erarbeitet.
Oliver Fritsch schrieb am 13. April 2010:
Autorisieren, wie man das nennt, ist ja auch üblich. Aber in dem vorliegenden Fall ging es um mehr. Außerdem muss man bedenken, dass es beim Autorisieren manchmal zu Verfälschungen und Verfälschungsversuchen kommt.
Was heißt denn Korrektur lesen? Wie weit soll der Interviewte dabei gehen dürfen, Holz?
Martin schrieb am 14. April 2010:
Bis vor einigen Jahren arbeitete ich in der Pressestelle eines großen Computerherstellers. Eines Tages fragte eine freie Journalistin, die für eine große deutsche Tageszeitung (ein eigentlich grundsolides Blatt) ein Portrait über eben diese Firma schrieb, den Geschäftsführer in einem längeren Interview, ob er nicht fast so etwas wie der ‚Bill Gates von [NameDesFirmensitzes]‘ sei. Er verneinte vehement. Mit Bill Gates sei er in keiner Weise vergleichbar, weder was den wirtschaftlichen Erfolg anginge, noch was die Geschäftsmethoden betreffe. Im Anschluss an das Interview wurde vereinbart, dass Zitate vor der Veröffentlichung noch einmal abgestimmt werden.
Unter welchem Titel erschien wohl das spätere Portrait? Genau: „Der Bill Gates von [NameDesFirmensitzes]“! Frechheit, oder? Damit wurde der Geschäftsführer, der sich ja ausdrücklich von Bill Gates distanziert hatte, so richtig schön lächerlich gemacht. „Jetzt ist er größenwahnsinnig geworden“, mag manch einer in der Branche gedacht haben.
Da ich seitdem weiß, wie manche Journalisten ihr Handwerk ausüben, habe ich großes Verständnis für Forderungen nach einer Vorlage des *gesamten* Artikels, und nicht eben nur der Zitate. Dass man darauf keinen Anspruch hat, ist mir klar, und man muss sich entscheiden, ob man die Nachteile, die dadurch entstehen können, dass man den Text vorm Veröffentlichen nicht kennt, in Kauf nehmen mag oder nicht.
Ich sehe eigentlich nicht so recht, welchen Nachteil ein Journalist hat, wenn er den Text vor der Veröffentlichung vorlegt. Er verpflichtet sich dadurch ja nicht, jedes Wort mit dem Interviewten abzustimmen. Aber es erhöht doch die Chance, dass der Bericht die Aussagen des Interviewten nicht verzerrt wiedergibt. Das sollte doch im Interesse beider Seiten sein, oder nicht? Dass man nach einem Gespräch eine Aussage falsch auffasst und der Gesprächspartner im Nachhinein sagt, „Ach so, nee, das hatte ich doch nur als Beispiel für XYZ angeführt, damit wollte ich aber nicht ausdrücken dass…“, das erlebt man doch auch im Privatleben hin und wieder. Also finde ich es sinnvoll, noch mal nachzufragen, ob man die Aussagen des Gesprächspartners richtig wiedergibt. Es sei denn, man will einen Verriss schreiben, dann ergibt es natürlich wenig Sinn, beim „Opfer“ nachzufragen, ob er sich wirklich so schön um Kopf und Kragen reden wollte.
booze schrieb am 15. April 2010:
Eine ähnliche Geschichte kann ich auch von meinem alten Chef erzählen: Da standen dann plötzlich Aussagen in der Zeitung, die in Interview gemacht wurden. Das waren Beispiele zur Veranschaulichung des Verhaltens mancher Kunden, es wurde extra vereinbart, dass dies nicht veröffentlicht werden sollte.
Als Mitglied einer freiwilligen Feuerwehr bin auch manchmal bei Ereignissen vor Ort, über die anschließend die Presse berichtet.
Ich kann jedem, der mit Journalisten zu tun hat, nur raten sehr vorsichtig zu sein.
Holz schrieb am 15. April 2010:
@Oliver
Korrektur lesen bedeutet für mich, zu überprüfen, ob die von mir getätigten Aussagen tatsächlich unverfälscht und im Gesamtkontext wiedergegeben werden. Dir als Germanist muss ich ja nicht sagen, dass unsere Sprache manigfaltige Möglichkeiten eröffnet, Aussagen durch kleine Kunstgriffe völlig zu verdrehen.
Wie soll den durch eine sogenannte „Autorisierung“ eine Verfälschung durchgeführt werden? Der Interviewte hat doch gar keinen Einfluss auf das Endprodukt, den gedruckten Text.
Oliver Fritsch schrieb am 15. April 2010:
Selbstverständlich hat der Interviewte Einfluss auf das Produkt. Die Veröffentlichung läuft ja (in der Regel) nur über seine Zustimmung. Und es kommt schon so manches mal vor, dass ein Pressesprecher eines Vereins alle kritischen Stellen eines Spieler-Interviews wegbügeln will.
Für die Autorisierung meines Zwanziger-Interviews, die hart aber fair verlief, hab ich mit Harald Stenger um jeden Zentimeter gerungen. Da wurden einige heikle Passagen entschärft, aber eben nicht getilgt. Zwanzigers Aussagen waren inhaltlich noch zu erkennen, klangen aber milder.
Wenn man booze oder Martin folgen würde, wären das herbe Einschnitte. Recht verstanden, ich verteidige nicht Journalisten, da gibt es sicher einige Verfehlungen. Aber ich verteidige das Prinzip freie Presse. Es soll übrigens auch Leute geben, die mit Pressesprechern schlechte Erfahrung gemacht haben.
Ich bin ein wenig geschockt über diese Diskussion.
booze schrieb am 15. April 2010:
Meine eigene zugegebenermaßen beschränkte Erfahrung mit Journalisten ist nun mal leider nicht sehr positiv. Und ich kenne Leute, die öfter mit der Presse zu tun haben, und die sehen das leider ähnlich.
Beispielsweise fand ich das Verhalten der Sportschau-Leute während des Schalker Presseboykotts ziemlich schwach, denn mir kam die Berichterstattung vor dem Boykott wirklich sehr tendenziös vor. Ich will das jetzt aber nicht wieder im Detail ausbreiten. Leider gab es im Anschluss viele hochtrabende Bemerkungan der Art „die Fussballer sollten doch einmal daran denken, warum sie so viel Geld verdienen“ und ähnliches.
Ein Vorwurf, der natürlich auch an die Sportjournalisten gerichtet sein könnte.
Leider sehe ich so gut wie nie selbstkritische Reflektion bei der Presse, aber vielleicht habe ich auch einfach nur was verpasst. Fakt ist: Es ist jedermanns Privatangelegenheit, ob er ein Interview geben möchte, oder nicht. Dieses Recht steht auch einem Boateng zu. Kritik an dieser Entscheidung sollte gut begründet sein.
Oliver Fritsch schrieb am 15. April 2010:
Interviewanfragen kann man natürlich ablehnen, dagegen ist nichs zu sagen. Darum gehts hier aber nicht. Sondern um den Wunsch, jedes geschriebene Wort zu kontrollieren. Das darf man sehr wohl kritisieren. Wenn ich den Spiegel-Artikel richtig verstehe, wollte Boatengs Berater sogar ein Honorar.
Sportjournalisten hält man übrigens in der Regel vor, zu weich und unkritisch zu sein. Nicht zu unrecht, wie ich finde.
Peter Glock schrieb am 15. April 2010:
@Oliver Fritsch
Der von ihnen beschriebenen Fall des Zwanzigerinterviews unterscheidet sich gravierend von dem gescheiterten Interview mit K-P-Boateng. Wie man in der Kürze des oben Verfassten lesen kann, war für den Spiegelschreiber das Verlangen nach Autorisierung schon zu viel. Sie dagegen haben sich diesem Verlangen seitens des DFB unterworfen und es autorisieren lassen (müssen). Warum kritisieren Sie dann nicht die Faulheit des Spiegeljournalisten, sich mit diesem Berater auseinander zu setzen?
Grundsätzlich kann ich zu dem Thema „Personen und ihre Darstellung in der Öffentlichkeit“ nur sagen, dass ich an Stelle von K-P-Boateng selbiges machen würde. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt und gerade die des „Gangsters“.
Da der Marktwert eines Spielers seiner Qualität von der öffentlichen Meinung abhängig ist, wäre ich als Berater sehr vorsichtig. Leider ist gerade Kevin-Prince-Boateng ein Spieler, der polarisiert und daher gerne mal für „krasse Stories“ benutzt wird. Alles, was er macht, wird sofort unter küchenpsychologischen Aspekten betrachtet, ob denn seine angebliche Ghettokindheit wieder hervorbricht.
Mit einer widerlichen Geilheit stürzen sich dann auch tatsächlich die Medien auf diesen Fall. Widerlich, weil gleicherlei Dinge mit unterschiedlichem Maß gemessen werden:
Beim FC Bayern ist die Kontrolle selbstverständlich. Bei Kuranyi wurde das vor einiger Zeit ähnlich beschrieben.
Boateng ist aber durchgeknallt und fremdbestimmt???
Bei dem glaubt man es ja eh!!! Und rein in die Schublade mit dem Ghettokid!
rmartens schrieb am 15. April 2010:
Der „Spiegel“-Artikel ist mittlerweile online: http://bit.ly/ab69GO. @Peter Glock: Was der Boateng-Berater gefordert hat, ist jenseits aller Diskussionswürdigkeit, also muss sich ein Journalist damit auch nicht „auseinandersetzen“. Das Erschreckende an dieser Debatte ist, dass aus der gewiss nicht unberechtigten Kritik an manchen Fehlentwicklungen im Journalismus die komplett irrwitzige Position abgeleitet wird, Journalismus könne seriöser und besser sein, wenn jene, über die berichtet wird, ihn besser kontrollieren.
Peter Glock schrieb am 15. April 2010:
Lieber Herr Martens.
Warum ist das jenseits aller Diskussionswürdigkeit?
In Deuschland wird konstant die BILD angegriffen, weil sie Menschen verzerrt darstellt und wenn sich jemand davor schützen will, dann ist das nicht diskussionswürdig?
Der Spiegel ist nicht die BILD, das ist klar.
Aber ein Interview ist eine komplett andere Geschichte als ein Bericht. Es tut mir leid, aber ich kann ihre Position nicht nachvollziehen.
Übrigens: Wenn das nicht diskussionswürdig ist, warum hat es dann Herr Fritsch mit Herrn Zwanziger durchgezogen?
Oliver Fritsch schrieb am 16. April 2010:
Tut mir leid Leute, ich gebs auf.
Oliver Fritsch schrieb am 16. April 2010:
Anders gefragt, Peter Glock: Sie führen nebenan eine schöne Diskussion über Kuranyi und andere. Haben Sie das, was Sie das schreiben, von Kuranyis Berater genehmigen lassen?
Peter Glock schrieb am 16. April 2010:
Natürlich nicht. Erstens bin ich kein Journalist und erhebe keinen Anspruch darauf, dass das, was ich schreibe der Wahrheit entspricht. Auch wenn ich hoffe, dass das was ich schreibe, recht sinnvoll ist (solange ich nicht Spass mit dem Kommentator Moritz habe).
Zweitens habe ich mich nicht mit Kevin Kuranyi unterhalten und kann das dann auch nicht als seine Meinung präsentieren. Ich schreibe meine Meinung hin. Würde ich ein Portrait über Kevin Kuranyi machen, dann wäre das etwas anderes. Noch spezieller wäre ein Interview.
Warum haben Sie denn die Geschichte mit Zwanziger gemacht, wenn Sie denn doch mit Harald Stenger kämpfen mussten?
Hat nicht jede in der Öffentlichkeit stehende Person das Recht sich zu schützen?
Menschen versuchen in Deutschland verzweifelt, ihre persönlichen Daten zu kontrollieren, aber eine öffentliche Person soll alles über sich schreiben lassen dürfen?
Ich verstehe das nicht.
Peter Glock schrieb am 16. April 2010:
PS: Mich interessiert dieser ganze, Verzeihung, „Personalstorysch**ss“ auch gar nicht. Ich will den Fussballer genießen und keine Homestories. Dieser aufkommende Personenkult ist widerlich. Ich will das nicht.
Oliver Fritsch schrieb am 16. April 2010:
Ein paar Punkte:
1. Ich habe das Interview mit Zwanziger gemacht, weil sich das Verhalten des DFB im Rahmen verhielt – im Rahmen des Üblichen und im Rahmen der Gesetze. Wortlautzitate muss man in Deutschland abstimmen, alles andere nicht.
2. Wenn ich Sie richtig verstehe, geben Sie also Theo Zwanziger völlig recht, Jens Weinreich verklagt zu haben, weil Weinreich etwas ungelegenes über Zwanziger geschrieben hat.
3. Es leuchtet mir nicht ein, warum man in dieser Frage einen Unterschied zwischen Journalist und Nicht-Journalist machen sollte.
4. Was hat denn das mit Homestories zu tun? Darum gehts hier doch gar nicht.
5. Wäre es denn besser, wenn Journalisten über Fußballer schreiben würden, ohne sie zu treffen und mit ihnen zu reden?
Oliver Fritsch schrieb am 16. April 2010:
6. Ich habe das Beispiel Zwanziger/Stenger hier, also öffentlich, angeführt. Hätte ich die beiden Ihrer Meinung nach vorher um Erlaubnis fragen sollen?
Peter Glock schrieb am 16. April 2010:
Danke für die ausführliche Antwort:
zu
1. Es scheint also einen bestimmten unausgesprochenen Rahmen für Berichterstattung in Deutschland zu geben, innerhalb dessen Journalisten Kontrolle akzeptieren?
Das wusste ich nicht.
2.Sie haben mich leider falsch verstanden: Ich meinte nicht: Wenn jemand etwas anderes schreibt als das, was ich meine, dann muss ich ihn verklagen.
Sondern: Zwanziger hat eine Meinung in der Öffentlichkeit verkündet. Daraufhin hat Weinreich eine andere Meinung geäußert. Das nennt man Meinungsfreiheit. Dass Herr Zwanziger sich dann furchtbar lächerlich gemacht hat, ist eine andere Geschichte.
Hat Boateng irgendwas in die Öffentlichkeit gesetzt? Nein. Er ist eben Fussballer. Wenn es denn so furchtbar wichtig ist, was der Herr Boateng macht, dann kann man es ja auch so beschreiben.
Das wichtigste an Oliver Kahn war: Der Fussball. Keine Verena, keine Golfturniere. Was wiederum bei Tiger Woods das wichtigste ist. Aber nicht die Weibergeschichten. Was geht mich das denn an? Weil irgendwer die Illusion hat, wir könnten Moral in den Sport bringen, (oder in diesem Sinne sich beispielsweise vom IOC für dumm verkaufen lässt). Ein ganz fürchterliches Beispiel war das mit Jens Lehmann. Da könnte ich jetzt noch gegen Wände springen.
Aber vielleicht gehört das zur Verpackung des Sports dazu. Gesellschaftspolitische Diskurse auf das Schlachtfeld „Sport“ angewandt.
Wenn Herr Zwanziger ein Portrait von sich machen lassen würde, von Herrn Weinreich zu Beispiel *ggg*, dann würde er es sicher auch gegenlesen wollen.
Ich persönlich würde es nicht anders als der Herr Boateng mit seinem Berater machen.
Nochmal: 20er hat sich öffentlich geäußert, handelt öffentlich und wird dadurch bewertet. Boateng spielt einfach nur Fussball. Was und wie über ihn geschrieben wird, kann er nicht beeinflussen, aber sich dagegen wehren. Wenn jemand eine persönliche Geschichte schreiben will, dann muss er eben damit klar kommen, dass jeder Mensch eitel ist und ein bestimmtes Selbstbild pflegen will. Diesen persönlichen Raum hat niemand so einfach zu betreten und es ist eine große Ehre jemanden portraitieren zu dürfen.
Aber: siehe Punkt 5
3.Grundsätzlich haben Sie Recht. Wenn man den Mund aufmacht, dann doch bitte fundiert. Es ist aber des Journalisten Beruf, qualifiziert den Mund aufzumachen. Tut er es unqualifiziert, dann ist sein Beruf in Schanden. Macht das eine Privatperson, dann ist es eben eine Meinung. Wie sehr diese von anderen respektiert wird, hängt in zweiter Linie davon ab, wie gut argumentiert wird. In erster Linie aber davon, auf wieviel Gegenliebe sie bei den Empfängern stösst.
Wenn ich eine Meinung äußere, dann habe ich nicht DIE Verantwortung, die ein Journalist hat.
4.Worum geht es bei der Boatenggeschichte dann? Feldforschung in der Praxis?
5. Ich finde, man sollte Fußballer Fußballer sein lassen und nicht die Leute dazu verführen, mit sinnlosem Zeug ihre Zeit zu verschwenden.
6. In diesem Fall war ja ihr Erlebnis die Quelle. Was daran zu autorisieren sein soll? Nichts.
Simon schrieb am 18. April 2010:
Muss mich leider den pressekritischen Stimmen anschließen. Natürlich wäre es schön, wenn integre, seriöse, mit ihrer Pressefreiheit verantwortungsvoll umgehende Journalisten ihren Job unbehindert machen könnten. Nur, nach meinem Verständnis gibt es davon inzwischen nur noch eine Handvoll. Jens Weinreich zum Beispiel lese ich in seinem Blog. Eine Zeitung mit ihren 90% irgendwo abgeschriebenem, verdrehtem, gleichgeschaltetem, auflagensteigerndem (ha ha!) Bockmist kaufe ich mir schon lange nicht mehr.
Die große Hure Presse ist im Großen und Ganzen einfach nicht mehr vertrauenswürdig und deshalb kann ich jeden Promi und auch Nicht-Promi verstehen, der ihr nicht ausgeliefert sein möchte.
Oliver Fritsch schrieb am 18. April 2010:
Nein, Zwanziger autorisiert keine Portraits. Das dürfte sich der DFB nicht erlauben.
Fordern Sie eigentlich alle auch, dass Angela Merkel oder Guido Westerwelle Kommentare und Portraits gegenlesen darf?
Peter Glock schrieb am 18. April 2010:
Mensch, Herr Fritsch!
Jetzt drehen Sie doch nicht die Buchstaben in einen Sinn, den ich gar nicht geschrieben habe und den Sie auch beim besten Willen nicht herauslesen können!!!
Politiker stellen sich bewusst in die Öffentlichkeit und haben sich für ihre Arbeit auch öffentlich zu rechtfertigen, beziehungsweise vertreten gewisse moralische, politische usw. Haltungen und Einstellungen, deren Überprüfung einfach notwendig für eine Demokratie ist.
Warum Sie jetzt dieses Beispiel Merkel und WW bringen ist mir absolut schleierhaft, da ich doch schon den Unterschied zwischem dem sportpolitischen Funktionär 20er und dem Sportler Boateng verdeutlicht habe.
*kopfschüttel*
JK schrieb am 18. April 2010:
Herr Glock, Sie können doch nicht gutheißen, dass Journalisten ihre Texte vorher mit den Leuten abstimmen, über die sie schreiben. Egal ob Bundeskanzler oder Drittligaprofi. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.
Peter Glock schrieb am 18. April 2010:
Mein Gott!!!
Das wird ja langsam unerträglich!!!
Lieber JK,
lesen Sie sich bitte alle Beiträge durch und beachten Sie die Differenzierungen die ich vorgenommen habe.
JK schrieb am 18. April 2010:
Ihre Differenzierungen überzeugen hier aber niemanden, sie sind willkürlichm schlecht begründet, unsinnig. Es gibt in dieser Hinsicht keinen prinzipiellen Unterschied zwischen Politiker und anderen Personen der Öffentlichkeit.
Peter Glock schrieb am 18. April 2010:
Ja dann is es ja egal, was ich sage.
Peter Glock schrieb am 18. April 2010:
Ach ja:
Wie fänden Sie es, wenn jemand über Sie einen Artikel im Spiegel schriebe, der Dinge über Sie persönlich komplett anders darstellt, als Sie diese sehen? Wenn Sie könnten, würden Sie da keinen Einfluss nehmen?
Nein, denn es ist ja Pressefreiheit!?!
Wer es glaubt wird selig!
Noch was: Wenn sie was an meiner Argumentation „willkürlichm schlecht begründet, unsinnig“ finden, dann fragen Sie halt nach und lassen Sie doch keinen inhaltsleeren Schrei der Empörung ab!
PeterP schrieb am 18. April 2010:
@Peter Glock: Welch bizarre Forderung an Sportjournalisten, nicht über Fußballer zu schreiben. Oder habich die Ironie überlesen?
Peter Glock schrieb am 19. April 2010:
@PeterP:
Bizarr wäre es wahrlich bizarr, wenn ich das genau so gefordert hätte. Erstens habe ich meine Meinung kundgetan, dass „Homestories“ über Sportler für mich einfach nur sinnlos sind. Wenn jemand meint, er müsse das machen. Bitte.
Zweitens geht es hier doch um diesen Journalisten des Spiegel, der sich darüber aufregt, dass Boatengs Berater als Bedingung für ein Interview die Forderung stellt, dass er vorher das zu Druckende absegnen muss. Und ich finde das voll ok. Wenn dieser Journalist das nicht will, dann muss er eben verzichten. Punkt!
@Fritsch:
Sie haben mir übrigens immer noch nicht erklärt, worin der Unterschied zwischen der „Causa Boateng“ und der „Causa Zwanziger/Stenger“ liegt.
Ich bin ja kein Journalist, sondern ein Ottonormalverbraucher. Ich kenne also die Gewohnheiten des deutschen Journalismus nicht genau.
rmartens schrieb am 19. April 2010:
@Peter Glock: Ich übernehme jetzt einfach mal die Antwort: Interviews, die im Wortlaut veröffentlicht werden (wie es im hier erwähnten Beispiel Zwanziger der Fall war), bekommt der Gesprächspartner grundsätzlich komplett vorgelegt. Werden Passagen eines Interviews für eine Reportage, Porträt oder Ähnliches verwendet, bekommt die betreffende Person die vom Autor dafür ausgewählten O-Töne vorgelegt, aber nicht den gesamten Text (so wäre es bei K. P. Boateng gewesen, wenn in dieser Sache alles normal gelaufen wäre). Ansonsten siehe Kommentar 7.
Peter Glock schrieb am 19. April 2010:
@rmartens
Danke für die Erklärung… hatte schon vollkommen vergessen, dass Sie es bereits oben so gepostet hatten. 🙂
Ändert meine Meinung aber kein bisschen 😉
juwie schrieb am 25. April 2010:
Einerseits ist es natürlich unmöglich, einen ganzen Artikel redigieren zu wollen, andererseits muss ich aus eigener trauriger Erfahrung leider auch bestätigen, lieber of, dass einige Ihrer Kollegen einfach das schreiben, was sie schreiben wollen, auch wenn man dreimal sagt, dass die entsprechende Formulierung unzutreffend ist (vgl. # 10). Leider gibt es nicht nur unter Spielerberatern, sondern auch unter Ihren Kollegen einige windige Gestalten (aber das wissen Sie ja selbst…).
Matti schrieb am 26. April 2010:
Herr Fritsch ist „geschockt“ ueber diese Diskussion – ich finde sie faszinierend.
Wir haben hier drei Parteien – die Leser, die Schreiber, und die Quellen. Wie es scheint, gibt es genug Leser, die meinen die Quellen haben recht mit ihrer Forderung. Kann es sein, dass die Schreiber ein wenig die Perspektive verloren haben und sich wichtiger nehmen als sie sind?
Zum speziellen Thema: Waere es besser gewesen, wenn das Management kategorisch nein gesagt haette? Ich finde sie haben die Tuer wenigstens ein wenig aufgelassen. Der Herr Autor kann ja im Rahmen der rechtlichen Grundlagen immernoch schreiben was er will, es gibt halt kein Interview dazu, das finde ich dann nicht so unfair.
Mladen schrieb am 27. April 2010:
Anbei ein kurzer Versuch, zu begründen, warum ich das wie Oliver Fritsch sehe.
Dass die wörtlichen Zitate vor dem Druck autorisiert werden, ist ja eine vollkommen gängige und sinnvolle Praxis – so bekommt der Interviewte die Möglichkeit, noch einmal über seine Äußerungen nachzudenken und eventuelle Missverständnisse zu vermeiden.
Wenn aber ein PR-Berater grundsätzlich den GANZEN Text kontrollieren will, heißt das, er nimmt auch Einfluss auf jede persönliche Beobachtung, jeden einzelnen Satz des Journalisten. Vielleicht hat der gesehen, dass Fußballer XY in der Rückserie einen müden Eindruck gemacht hat, dass er vor dem Tor gehemmt wirkt, dass er bei der Antwort auf die Frage nach seinem Verhältnis zum Trainer etwas zögert – was auch immer – und es ist sein gutes Recht und sogar seine Pflicht, solche Beobachtungen zu machen und mizuteilen. Wenn es diese Möglichkeit nicht gäbe, hieße das im Umkehrschluss, dass alle nur noch die offiziellen Mitteilungen der PR-Berater abschreiben dürften; das heißt, der Leser würde nur noch EXAKT so informiert, wie es der Spieler (der Präsident, der Trainer, die Politikerin,…) möchte. So eine Zensur – die von manchen politischen Regimes ja praktiziert wird – wäre das Todesurteil für kritischen Journalismus.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass auch nur einer der Diskutanden aus dem Forum hier das wirklich wollen würde – alleine die Nutzung dieser Homepage zeigt doch, dass da ein Wunsch nach kompetenter Information existiert. Und der wird nur dann erfüllt, wenn sich ein Journalist auch sein eigenes Bild machen und das anschließend auch äußern darf.
Leider gibt es offenbar in vielen Sparten die oben genannten Negativbeispiele – aber die wirklich schlimmen journalistischen Entgleisungen lassen sich sowieso nicht unter Kontrolle bringen. Wenn eine große Boulevardzeitung beschließt, einen Spieler/Trainer/Manager abzuschießen, reicht ja eine heuchlerische Schlagzeile wie „Schlägt XY Obdachlose??“ mit einem verschwommenen Foto und Zitaten von angeblichen Augenzeugen – gegen solchen Dreck hilft der beste PR-Berater nichts, weil immer etwas hängen bleibt.
Aber deswegen darf man meiner Meinung nach auf keinen Fall die Arbeit der Journalisten ganz allgemein zensieren.
Peter Glock schrieb am 27. April 2010:
@Mladen
Danke für die „Stellungnahme“ an Stelle von anderen. Es ist schade, dass sich die Vorherigen nicht explizit geäußert haben. Daher ist der Dank an Sie um so größer.
Sie sagen: „Wenn aber ein PR-Berater grundsätzlich den GANZEN Text kontrollieren will, heißt das, er nimmt auch Einfluss auf jede persönliche Beobachtung, jeden einzelnen Satz des Journalisten.“
Nein, das heißt es nicht. Es kann es heißen. Aber es muss es nicht heißen. Zensur wäre es dann, wenn die Meinung des Journalisten abgewürgt würde. Das aber ist dem Spiegelmann nicht passiert. Er hat es noch nicht einmal probiert.
Die Gefahr könnte natürlich bestehen.
Muss sie aber nicht.
Wenn der PR-Berater ihm die Geschichte hätte verdrehen wollen, dann hätte der Spiegelmann gerne sich so dermaßen aufregen können! Zu Recht! 100%!
Aber nur dann!
PS: Fritsch hat mir immer noch nicht erklärt wo der Unterschied in der „Causa Stenger/20er“ und der „Causa Boateng“ liegt.
Kann es sein, dass er um der Möglickeit willen, einen „Großkopferten“ portraitieren zu können, von seinen Prinzipien abgerückt ist?
Peter Glock schrieb am 18. Mai 2010:
und wieder wird das Ghettokid hervor geholt!
Deswegen kann ich den Berater um so mehr verstehen!
John Witte schrieb am 22. Juni 2010:
Das ist ein Fußballspielender Assi, der auf Gangstar Rapper macht. Solche Typen braucht der Fußball nicht und sein Untergang steht jetzt schon fest. Unter Fußballprofi verstehe ich einen Profi in allen Breichen. Diszipliniert und ausgeglichen. Dieser Typ ist kein Profi.
Kevin-Prince Boateng wechselt zum FC Genua und zum AC Mailand | deinfussball.de schrieb am 15. August 2010:
[…] Deutsch-Ghanae Kevin-Prince Boateng darf damit anstatt mit Premier League-Absteiger Portsmouth in der zweiten englischen Liga mit […]