Was ist der Euro in England wert?
von Günter Clobes
Real Madrid hat es also geschafft: Mesut Özil kommt, für gemutmaßte 15 bis 18 Millionen Euro. Sami Khedira ist schon dort (für 14 Millionen). Und Jerome Boateng hat es für 12,5 Millionen nach Manchester City verschlagen. Deutsche Fußballer sind wieder begehrt. Kein Wunder, bei den Ablösesummen.
Jenseits der ethischen Debatte, ob sich Menschen in Geld bemessen lassen, bleiben andere Fragen. Wenn die deutschen Nachwuchskicker im jugendlichen Alter für diese Summen wechseln, sollte man mal nachschauen, was denn so in anderen großen Ligen für ähnlich alte Spieler bezahlt wird. Nehmen wir das Beispiel Premier League, mit beliebigen beispielhaften Transfers, die sich aber ausweiten ließen. Sehr schnell wird sichtbar, dass die Maßstäbe dort gänzlich anders zu sein scheinen. Unbekannte Spieler kommen dort leicht auf ähnliche Transfersummen wie die deutschen Spieler, die die WM gerockt haben. Arsenal etwa hat sich aus Lorient (Frankreich) Laurent Koscielny für 12,5 Millionen (englische Pfund, entspricht etwa 13,7 Mio. Euro) geleistet. Er ist 24, Innenverteidiger und hat bislang kein einziges Länderspiel bestritten. Manchester United holte Javier Hernandez aus Guadalajara (Mexiko) für 12 Millionen Euro; der 22jährige hat 16 Länderspiele absolviert und ist Stürmer. Außerdem verpflichtete Alex Ferguson Chris Smalling aus Fulham, 20 Jahre, 3 Länderspiele U 21, 8,6 Millionen. Beim Rivalen Manchester City landete Aleksandar Kolarov, vorher Lazio Rom, für sage und schreibe 24,5 Millionen Euro. Er ist 24, Abwehrspieler und hat 15 Länderspiele für Serbien bestritten. Und zum Vergleich: David Silva (24) kam von Valencia sogar für rund 26 Millionen. Tottenham Hotspurs hat Sandro, 22 Jahre, von Internacional (Brasilien) auf die Insel gelockt: knapp 11 Millionen Euro für einen Mittelfeldspieler, der lediglich Kapitän der U 21 war. Ach ja, und noch mal schnell zu Real. In ähnlicher Preislage und Altersklasse wie Özil und Khedira findet man dort Spieler wie Fernando Gago oder Marcelo (je 13 Mio.).
Deutsche Fußballer sind also wieder begehrt. Die Frage ist nur, warum sie im Konzert der Großen zwar sehr gut mitspielen, ihre Ablösesummen aber relativ gesehen so niedrig sind. Sind ihre Berater cleverer bei der Vertragsgestaltung, was die maximalen Ablösen für die deutschen Vereine angeht und verlangen dafür mehr beim Gehalt bzw. der Entlohnung generell? Sind die deutschen Clubs weder schlau noch potent genug, (potenzielle) Stars an sich zu binden? Oder aber gehen die Uhren woanders ganz anders und die Bundesliga gehört gar nicht zu den großen Ligen? Vielleicht hat aber auch der Euro ganz einfach nur einen sehr unterschiedlichen Wert im geeinten Fußballeuropa.
Jules schrieb am 19. August 2010:
Bei beiden wird wohl die die kurze Rest-Vertragslaufzeit den Preis gedrückt haben…
Fabi schrieb am 19. August 2010:
Ich denke, das sind einfach zu wenige Fälle, um da eine generelle Ungleichheit herauslesen zu können.
Denn wie Jules schon sagt: Özil und Khedira hätten beide im nächsten Jahr ablösefrei wechseln können. Und Boateng hatte meines Wissens nach eine Ausstiegsklausel von 12 Mio. Euro in seinem Vertrag beim HSV stehen.
gclobes schrieb am 19. August 2010:
Die Liste der Beispiele ließe sich beliebig erweitern (s. transfermarkt.de/premierleague). Ich denke, wenn man sich Spanien ansähe, wäre es dort nicht anders. Und: Wenn selbst Herr Mourinho von einem „Schnäppchenpreis“ für Özil redet und sich ins Fäustchen lacht, dann spricht das doch wohl Bände und zeigt, dass irgendetwas hierzulande im argen liegen muss.
tafelrunde schrieb am 20. August 2010:
Um mal in die populistische Kerbe zu hauen: Das zeigt nicht, „dass irgendetwas hierzulande im argen liegen muss“, sondern vielmehr, dass in Spanien und England etwas sehr im Argen liegt.
Die Schuldenstände der Clubs dort wachsen ungebremst weiter. In Spanien, meinen manche Leute, die sich auskennen, wird die Liga wohl bald implodieren.
manu schrieb am 24. August 2010:
und auch deutsche spieler können über wert gehandelt werden man denke nur an david odonkor oder nsereko…