Messi ganz groß, keine Medaille für Övrebö
von Oliver FritschEndstand 0:2 Spielverlauf erinnert an das EM-Finale 2008: Manchester mit dem stärkeren Beginn, doch die restlichen 80 Minuten chancenlos gegen eine brillant ballsichere Barca-Elf um Iniesta, Xavi, Messi. Manchester hat stellenweise den Ball gesucht. Entnervt, gegen Ende mit Hang zum Frustfoul, etwa Ronaldo (im Rahmen) und Scholes (nicht ihm Rahmen).
Messi kann auch köpfen. Er kann sogar Flanken ins Tor köpfen, die zu hoch und zu weit in den Rücken geschlagen sind. Christian Eichler hat in der FAS das Leitmotiv dieses Finals vorweggenommen: „Die größten Eigentore der Popkultur? Da wäre die Plattenfirma Ariola, die 1962 die Beatles ablehnte. Oder das Basketballteam Portland Trail Blazers, das 1984 Michael Jordan verschmähte. Und dann waren da die Newell’s Old Boys, die 2001 an der falschen Stelle sparten. Nämlich bei einem Fußballkind mit Wachstumsstörung, dem der argentinische Klub die jährliche Rechnung von rund 1.200 Euro für die nötige Hormonzufuhr nicht mehr erstatten wollte.“
Auf Gerechtigkeitsoden der deutschen Presse und anderer Romantiker sind wir vorbereitet. Spannender ist das, was wir das Hoeneß-Dilemma nennen: Wie wird er den Barca-Sieg einordnen? Als Relativierung des 0:4, also „wir sind gegen den Sieger ausgeschieden?“ Oder würde das dann auch Klinsmann in Schutz nehmen?
Ich lag mit meinem Tipp wieder mal völlig daneben, sowohl was Ergebnis als auch das Wie betreffend. Einer, der zu diesem Titel einen wesentlichen Beitrag geliefert hat, wird übrigens nicht geehrt: Henning Övrebö.
87′ Eckball ManUtd – wo ist Beckham? Und wo Sheringham? Von Solksjaer nichts zu sehen.
78′ Ronaldo beschränkt sich auf den Sieg im Raufduell mit Puyol. Der ihm nicht mehr zu nehmen sein dürfte.
70′ Messi 0:2 Köpfen kann er also auch, der kleine Große. Eigentlich ein mutiges Unterfangen Xavis, auf Messi zu flanken, eigentlich ist sie auch zu hoch. Doch Messi wirft sich auf 30 Grad und blockt den Ball über van der Sar.
67′ Aus dem Guardian über den Stil Barcas: „Stroke … pass … triangle … slide-rule pass … back-heel … tip … tap … slide-rule pass … neat triangle … neat triangle … neat tirangle … through-ball … languid stroke … flick … trap … deft touch … chest … clatter … hoof.“
57′ Bei Barca spielen also doch Menschen mit anatomischen Grenzen mit: Puyol dribbelt ins Aus. Hier sieht man ihn beim Freistoßtraining.
53′ Barcelona macht Ernst, packt Manchester am Kragen. Xavi Pfosten.
48′ Henry will Eto‘ kopieren, doch diesmal wehrt van der Sar nach vorne ab und nicht ins Tor.
21:36 Diskussion unter den Anwesenden: Soll/darf ein Bundestrainer Werbung machen? Ist das dem Amt würdig? Oder ist es altmodisch, ihm Verzeicht abzuverlangen? Einigkeit besteht in einem Punkt: Löws Nivea-Clip goes not.
Halbzeit 0:1 Schnelles, faires Spiel. Barcelonas Kombinationsmaschine ist geölt. Manchester acht Minuten stark, seitdem nervös und in die eigene Hälfte gedrängt. Messi ist zu gut für United.
34′ Dittmann: „O’Shea ist gelernter Einwechselspieler.“ Ist das eine anerkannte Ausbildung? Was bekommt man da beigebracht?
30′ United ist durch das 0:1 vor Scham errötet und verschüchtert, auch jetzt noch, zwanzig Minuten später. Wie ein Jüngling, der sich beim Flirt von der ersten Abfuhr entmutigen lässt.
20′ Ronaldo hat bereits fünf Mal aufs Tor geschossen. Warte auf erste Verzweiflungsgesten.
10′ … und schon ist mein Expertentipp dahin: 0:1 Samuel Eto’o. Spielt Vidic aus. Und wo ist ein zweiter Verteidiger zum Doppeln? Man weiß es nicht. Eto’o feiert sein Tor mit Frankfurter Applaus.
20:43 Ich glaube, es wird einseitiger als vermutet. Tipp 2:0 für Manchester.
Thor schrieb am 27. Mai 2009:
„Frankfurter Applaus“
Wunderbar, danke! Sehr gelacht.
Tobias (Meine Saison) schrieb am 27. Mai 2009:
Der Sieg im Raufduell wurde Ronaldo aber doch von Scholes streitig gemacht. Das hätte klar Rot geben müssen.
lateral schrieb am 27. Mai 2009:
Beachtlich: Weder die Hünen des FC Chelsea (Semi-) noch die Ungetüme von ManU (Finale) schafften es, nennenswerte Kopfballduelle im Strafraum der Filigrangazellen zu gewinnen. Bezeichnend, dass dann ein Zwerg wie Messi das 2:0 sehr ansehnlich mit dem Kopf erzielt…
tafelrunde schrieb am 27. Mai 2009:
@OF: „United ist durch das 0:1 vor Scham errötet und verschüchtert, auch jetzt noch, zwanzig Minuten später. Wie ein Jüngling, der sich beim Flirt von der ersten Abfuhr entmutigen lässt.“ Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen!
Insgesamt betrachtet, war es – wie so oft – das psychologische Momentum.
Dieses Finale war ein wirklicher wahrer Clash of civilizations! Barca – nach diesem Spiel – verdient CL-Sieger. Barca hat die Luft bei ManUtd genau so raus gelassen wie Chelsea bei Barca. Nur mit gerechterem Ausgang.
ManUtd seltsam verunsichert. Bei dieser Gewinner-Mannschaft sehr überraschend.
ManUtd hatte nach dem völlig überraschenden 1:0 echt die Hosen voll. Der Glaube war weg. Die Carricks, Parks, O’Sheas, Evras haben es (dieses mal) nicht gebracht. Nur Ronaldo hatte Eier.
Barca hat nach der Führung gemerkt, dass es sein Spiel durchsetzten kann. Dann hat die stärkere Ausprägung einer Philosophie gewonnen. Aber erst mit der Führung kam die Überzeugung zum Sieg wieder.
Der Fußball findet nicht im Konjunktiv statt. Ok., ok.! Aber hätte ManUtd das erste Tor geschossen, wäre dies ein klarer Sieg für das Insel-Team geworden. Dann hätte Barca, und nicht ManUtd, den Flattermann gekriegt.
Noch mal x-€: Die Tagesform hat das Finale entschieden! Oder: Endspiele werden im Kopf gewonnen und nicht mit den Füßen.
Ein tolles Endspiel – im psychologischen, d.h. sportlichen Sinn.
Noch ein Nachtrag zu Barcelona-Bayern: „Wir wollten ja drauf gehen, aber wir kamen nicht hin“ (M. van Bommel). Genau das ist nun sogar auch Manchester widerfahren. Eine kleine Tröstung für die Bayern-Spieler.
Udo schrieb am 28. Mai 2009:
Die fachmännischen Analysen dieses Spiels überlasse ich gerne anderen, die sich besser auskennen und sich auch besser auszudrücken wissen. Doch ein paar Gedanken, die mir nach diesem Finale durch den Kopf schwirren, will ich dann doch hier hinterlassen:
Was war los mit ManUtd? War das Unvermögen, Überheblichkeit oder waren die ganz einfach platt?
Warum wird ein CL-Finale in einem Leichtathletik-Stadion ausgetragen?
Was war denn mit Puyol los gestern Abend? Für mich war er der wahre „man of the match.“
Henry82 schrieb am 28. Mai 2009:
Hihi,
bei den größten Eigentoren der Popkultur darf auch nicht der Club fehlen:
Gerd Müller abgewiesen, weil es schon vier oder fünf Müllers im Team gab. 😀
viererkette schrieb am 28. Mai 2009:
Eine geradezu epische Leistung vom Barcelona. Kaum zu glauben, wie sicher sie phasenweise ihr Passspiel aufzogen. Ballstafetten über mehr als 20 Stationen, bei denen die Kicker von Manchester nicht den Hauch einer Chance hatten, sie zu unterbrechen. Kaum zuvor gesehene Kombinationen, bei denen der Beobachter den Eindruck hatte, jeder dieser Spieler wüsste schon zwei Spielzüge vorher, wohin der Ball gehen würde. Immer wieder auch direkt gespielte, magische Zuspiele in die Vertikale, die die Defensive der Engländer in sich zusammenfallen ließ. Der viel gerühmte „One-Touch-Football“ in schönster Form, aber nur dann praktiziert, wenn sinnvoll und effektiv.
Die Ballkünstler aus Katalonien, dieses Ensemble mit Iniesta, Xavi und Messi an der Spitze, ließ die O’Shea, Carrick und Rooney am ausgestreckten Arm verhungern. Man hatte den Einruck, sie würden den Ball vor deren Nase balancieren und im letzten Moment wegziehen, wie man das bei einer Katze mit einem Wollknäuel macht.
Kein Wunder also, dass die ManUtd-Kickern mit zunehmender Spieldauer realisierten, dass sie gegen diese Spielkunst hoffnungslos unterlegen waren. Man konnte sehen, wie ihnen mit jeder Minute die Angst und der Respekt die Stutzen hoch kroch. Bis sie nur noch staunend, ratlos und wie gelähmt vor diesem Gesamtkunstwerk kapitulieren konnten.
Jetzt weiß man, was van Bommel wirklich gemeint hat, als er sinngemäß sagte: Wir haben gewollt und waren dran, aber hatten keine Chance. Barca stellt eine magische Truppe, denn diesmal war ManUtd dran und nicht nur der FC Bayern, bis dato immerhin das erfolgreichste Champions-League-Team der Saison.
Fabian Pingel schrieb am 28. Mai 2009:
Was ist denn der besagte „Frankfurter Applaus“? Vielleicht hab ich’s auch vergessen, weil es im Frankfurter Stadion in der letzten Zeit (jedenfalls für Eintracht-Anhänger) nicht so wirklich viel zu feiern gab.
Oliver Fritsch schrieb am 28. Mai 2009:
Der Frankfurter Applaus hat nichts mit der Eintracht zu tun. Zumindest nicht, dass ich wüsste.
Magic schrieb am 28. Mai 2009:
Doch Oli, Dinge wie die Frankfurter Applaus haben auch immer was mit der Eintracht zu tun! Diese Nähe lässt sich einfach nicht wegdiskutieren…
franzferdl schrieb am 28. Mai 2009:
eigentlich wollte ich ja schweigen, weil ich seit wenigen tagen philosoph bin, aber ich muss dennoch meiner begeisterung freien lauf lassen. das, was iniesta und xavi gestern als mittelfeldspiel zelebrierten, ist mit abstand das beste und v.a. schönste was ich in langen jahrzehnten oftmals quälender fussballbeobachtung geniessen durfte. die wendigkeit, die handlungs- und v.a. denkschnelligkeit, die technische perfektion, das defensive stellungsspiel, die laufbereitschaft, die SPIEL-leidenschaft, das direktspiel, die dynamik, uvm. – all das kondensierte gestern zu einer wahrlich perfekten darbietung. dass die beide auch noch die 2 tore vorbereiteten, war nur folgerichtig. insofern waren sie für mich gestern auch die mit abstand besten spieler auf dem platz.
im übrigen meine ich, dass man dem schweizer schiri ein ganz großes lob aussprechen muss. auch hierfür gilt: selten habe ich eine so angenehm zurückhaltende, kommunikativ-souveräne spielführung gesehen, ganz ohne diese widerlich faschistoide herr-knecht-gestik so vieler deutscher schiedsrichter, die das wohl schon in jungen jahren vom amerell eingedrillt bekommen.
@viererkette: schön, mal wieder etwas von Ihnen zu lesen!
viererkette schrieb am 28. Mai 2009:
Hallo Herr franzferdl, schön, dass Sie das Philosoph-Sein so ernst nehmen wie unsere Steffi Mc Klinsi und eben nicht geschwiegen haben. Aprospos: Ja, wer hätte das gedacht, dass das „Projekt-Konzept“ so enden würde?
Wie so oft, haben Sie in Ihrer Einschätzung über den Schiri recht. Der hatte Collina-Niveau.
franzferdl schrieb am 28. Mai 2009:
zum gescheiterten mcklinsi-projektprozess habe ich mich andernorts auf diesem blog-sender schon wieder viel zu viel ausgelassen. zwei dinge kann man wohl resümmieren: zum einen: wer von projekt spricht, geht wohl schon von einer beschränkten dauer ein. und zum anderen ist guardiola sogar noch jünger & noch-trainer-unerfahrener. wenn man sich das vergegenwärtigt & dann noch ronald rengs schönen artikel zu den „barca-fundamentalisten“ [hier: http://www.fr-online.de/in_und_ausland/sport/aktuell/1776046_Pep-Guardiolas-Barca-Team-Fundamentalisten-der-Anmut.html%5D liest, dann kann man sich als mcklinsi-geschädigter seinen reim draus machen. steht doch darin der wunderbare satz:
„Er ist, mit 38, im ersten Jahr Profitrainer. Er schuf eine Elf nach seinem Abbild: schonungslos offen, gerade heraus. Er zeigt seinen Spielern immer, was er denkt, was er fühlt, ohne zu überlegen, wie ein Trainer wirken sollte. (…) Aber fast immer schüttelten die Spieler voller Zuneigung den Kopf über ihn. Denn sie verstehen, er ist einfach – für einen Trainer ist das ein großes, seltenes Wort – authentisch. Seine enorme Fachkenntnis, aber auch seine oft überschwappende Begeisterung aktivierte diese Elf.“
womöglich stecken in diesen zeilen, sozusagen ex negativo, tiefgreifendere einschätzungen zum vereinstrainer mcklinsi drin, als in allem anderen geschreibsel der letzten wochen zu diesem thema. leider kann ich kein spanisch, aber: labert guardiola eigentlich auch wie ein unternehmensberater daher? hmmm…
JK schrieb am 28. Mai 2009:
Oha, jetzt wird sich schon auf einen Feuilletonisten berufen, um Klinsmann eine mitzugeben. Dann doch lieber Waldemar Hartmann.
Der Gert schrieb am 28. Mai 2009:
Ich getraue mich die Frage zu wiederholen: Was ist ein Frankfurter Applaus?
Der Gert schrieb am 28. Mai 2009:
OKOK, Google sei dank ziehe ich meine Frage zurück.
viererkette schrieb am 28. Mai 2009:
„zum gescheiterten mcklinsi-projektprozess habe ich mich andernorts auf diesem blog-sender schon wieder viel zu viel ausgelassen.“
>War doch schön, habe ich gelesen.
„und zum anderen ist guardiola sogar noch jünger & noch-trainer-unerfahrener.“
>Dass er weniger Erfahrung hat, das sehe ich nicht ganz so. Er hat doch – glaube ich – die Barca-Jugend oder die zweite Mannschaft trainiert (und damit den Job von der Pike auf gelernt, siehe Schaaf). Und er kommt aus dem Club, der im Jugendbereich die intelligenteste und wohl auch professionellste Arbeit leistet. (Dazu zwei Zwischenfragen: Warum musste Lahm erst nach Stuttgart, will man Misimovic zurückkaufen und warum bedauert der „Mathematik-Lehrer-Kritisierer“ heute noch, dass Trochowski nicht München, sondern in Hamburg und demnächst in der Premier-League spielt? (Fragenkatalog kann man fortführen – Guerrero?!) Wieviele Spieler aus der Barca-Jugend standen gestern in der Startformation?).
>Und jetzt nur kurz: Ich denke, (auch wenn jetzt Klischees bedient werden) Klinsmann war „Projektleiter-Konzeptdurchsetzer“, aber nie richtiger Trainer. Dafür hatte er weiland „den Löw“. Trotzdem hätte die Bayern-Saga mit Klinsi nach meiner Einschätzung klappen können, wenn er nicht diesen grundsätzlichen Fehler begangen hätte: Den „Löw“ gab einer, der als Referenz vorweisen konnte, dass er ein College-Soccer-Team trainiert hat. Ein College-Soccer-Team der Frauen!
„womöglich stecken in diesen zeilen, sozusagen ex negativo, tiefgreifendere einschätzungen zum vereinstrainer mcklinsi drin, als in allem anderen geschreibsel der letzten wochen zu diesem thema.“
>Da könnte wirklich was dran sein! Weil authentisch?
@JK
>Es geht doch nicht darum, Klinsmann eine mitzugeben. Im Gegenteil, hat dieses grandiose Finale nicht gezeigt, dass diese Vier-Null-Niederlage jedem hätte passieren können? Und meiner Einschätzung nach, kann man Ronald Reng immer mal wieder gerne zitieren.
tafelrunde schrieb am 28. Mai 2009:
@franzferdl:
Der zitierte Artikel in der FR ist inhaltlich und sprachlich wirklich hervorragend. Er erklärt vieles, aber bei weitem nicht alles. Vor allem die Aussage „er ist einfach – für einen Trainer ist das ein großes, seltenes Wort – authentisch“ ist so nicht haltbar, denn jeder erfolgreiche Trainer (und nicht nur die Trainer) muss fast zwangsläufig authentisch sein. Oder sind Ferguson, Wenger, Benitez, auch der heutige Magath, Schaaf und viele andere etwa nicht authentisch? Selbstkontrolle steht Authentizität nicht im Weg.
Die weiter gehende Interpretation zu Klinsmann kann man zwar im Sinne der Authentizität so stehen lassen, doch das erklärt Klinsmanns Scheitern nur zum Teil. Denn die Rahmenbedingungen bei Barca und den Bayern sind grundverschieden.
Gardiola konnte bei Barca auf eine sehr lange gelebte und tief verwurzelte Philosophie zurück greifen. Er musste diese nur wieder beleben. Das hat er ohne Frage brillant gemacht.
Klinsmann dagegen ist angetreten, um die tief greifende Kultur der Bayern aufzubrechen und etwas – für die Bayern – völlig Neues aufzubauen. Er wollte die Revolution und hat sich daran gnadenlos überhoben. Ein fest verankertes, tradiertes Weltbild (oder im Marketing-Sprech: Positionierung) kann man nur evolutionär, also in kleinen Schritten, verändern. Das braucht eben Zeit. Jeder, der dies auf die Schnelle versucht, wird scheitern. Aber es kann grundsätzlich – die nötige Zeit vorausgesetzt – selbstverständlich gelingen.
Wenn man so will, kann man das mangelnde Wissen darüber auch Klinsmann anlasten. Aber mindestens genau so viel Schuld tragen die Verantwortlichen, die eben dies nicht wahrhaben wollen.
Das Spiel gestern war auch deshalb so interessant, weil 2 Mannschaften mit einer sehr stark ausgeprägten Spielphilosophie aufeinander trafen. Wie ich oben bereits erwähnte: Die bessere Umsetzung einer Philosophie (oder Positionierung) hat das Spiel für Barca entschieden.
tafelrunde schrieb am 28. Mai 2009:
@Viererkette:
Sie bringen einen Aspekt ins Spiel, der auch m.M.n. viel zu kurz kommt: Das Team um den Trainer. Ein Trainer heutzutage ist doch schon zu vergleichen mit einem mittelständischen Dienstleistungsbetrieb mit einer Reihe von Mitarbeitern. Gerade auch an der Auswahl seiner Mitarbeiter, Stichwort Co-Trainer, ist Klinsmann gescheitert!
elm! schrieb am 29. Mai 2009:
@ viererkette: durchaus zu bedenken ist auch der fakt, dass guardiola in barcelona gemocht wird, aktuell wird er von offiziellen und fans des klubs wahrscheinlich geliebt.
eine solche rückendeckung hatte jk nicht.
meint: wäre jk ein respektierter ex-spieler des vereins, könnte er vielleicht noch trainer sein.
franzferdl schrieb am 29. Mai 2009:
„(…) ohne zu überlegen, wie ein Trainer wirken sollte.“
das scheint mir die ganze klinsmann-krux zu sein. der hat seine angelesenen selbst-marketing-strategie-kram nicht mehr rausbekommen, dieser gekünstelte dauer-optimismus, dieses festgefrorene dauerlächeln, das wohl noch unangenehme personalentscheidungen begleitete.
neben den vielen strukturellen bayern-fehlern & anderen dingen halte ich klinsmanns personalpolitik auch für – womöglich – DAS hauptproblem. lieber herr viererkette, ich kann mich an eine diskussion mit Ihnen zum zeitpunkt der mcklinsi-verpflichtung erinnern, als wir genau darauf hinwiesen: wer macht den löw? dass er sich einen mexikanischen frauenversteher & -verbesserer aussuchte, der von tuten & bundesliga keine ahnung hat, war wohl sein ur-fehler.
ich setze noch etwas drauf, denn was ich bis heute nicht versteh, ist folgendes: mit lahm, schweinsteiger, klose, borowski, jansen & podolsko standen ihm beizeiten 6 (!) nationalspieler zur verfügung, die seinen arbeitsstil & seine fussballphilosophie bereits seit vielen jahren kannten. 6! also fast eine halbe mannschaft!!! was mussten die noch begreifen? warum sah man bei eben diesen spielern (mit zeitweiliger ausnahme von lahm) keine, also nullkommanull vertrautheit mit klinsmanns ideen?
[aus diesem grund kann ich, lieber herr tafelrunde, im übrigen auch das argument nicht nachvollziehen, dass gut-spiel-ding will weile haben, also, dass mcklinsi einfach längere zeit benötigt hätte… ich habs schon oft gefragt: was ist so kompliziert an der idee, schnell, z.b. mit 1 oder 2 kontakten zum eigenen (!) mitspieler zu spielen, das spielfeld in beide richtungen schnell zu überbrücken, etc.???]
warum zählten schon bald die grundsätzlichsten dinge nicht mehr, etwa konkurrenzprinzip, versprechen einhalten, usw.? ich weigere mich immer noch, in das trauertremolo vieler klinsmann-versteher einzustimmen, die ihm so gerne eine opferrolle andienen wollen, weil man dadurch so wunderbar seine platt-primitiven bayern-ressentiments bestätigen kann…
dass bayern im übrigen spieler wie lahm oder, früher, babbel, ausleiht, halte ich sogar für eine ausgesprochen gute idee. insofern liegt der fehler eher darin, dass bayern talentierte spieler wie trochowski, misimovic, guerro oder aktuell hummels regelrecht verscherbelt. für die bundesliga mag das im übrigen ganz nett sein & widerlegt eigentlich auch die populäre these, dass bayern sich lediglich in der bundesliga bediene, indem sie die besten spieler wegkaufen etc.
bzgl. barca ist das phantastische, dass sie tatsächlich seit der cruyff-ära (schreibt man den so?) eine stabile philosophie haben, die sie konsequent durchsetzen! es kommt also nicht jedes jahr ein neuer möchte-gern-trainer mit einer neuen idee, weil die ursprungsidee immer schon da ist. das ist schlichtweg phantastisch & zeigt, dass barca (und man kann auch die spanische national11 einbeziehen) sich gegen den ganzen zeitgeist-krampf, der schönen & erfolgreichen fussball für unvereinbar erklärt, erfolgreich wehrt! und, darauf weist tafelrunde hin, sie zeigen im übrigen noch etwas: dieser geile, magische fussball ist erlernbar, indem etwa die zauberhafte ballbehandlung, das spielverständnis, etc. eingeübt werden!!! immer und immer wieder. unermüdliche, disziplinierte detailarbeit statt dieses peinlichen ganzheitsgeblubbers!!!
bayerns neuer sportdirektor meldet sich heute im übrigen in einem kicker-interview mit einigen interessanten aussagen: http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/artikel/509457/
auf die frage, welchen fussball er sehen wolle, antwortet er:
„Einen Fußball mit Handschrift. Wir möchten, dass die Mannschaft auf dem Platz zeigt, dass mit ihr etwas erarbeitet wurde. Jeder einzelne Spieler soll sich nach drei, vier Monaten mit diesem Trainer weiterentwickelt haben.“
auch hier muss ich schon wieder wie ein pawlowscher hund an steffi mccklinsi denken…
Oliver Fritsch schrieb am 4. Juni 2009:
Das deutsche Fußballtraining, da bin ich mir sicher, ist an vielen Stellen verbesserungswürdig. Ob Klinsmann der richtige ist, die Lücken zu schließen, weiß ich auch nicht. Ich weiß aber, dass er Wissen von Außen, etwa dem Hockey, gegenüber aufgeschlossener ist als die meisten anderen Trainer. Ob er sein Wissen auch umsetzen kann, muss er erst noch beweisen.
Witzig finde ich, dass Sie von Ressentimens sprechen, franzferdl. Das ist ja, als spräche Uli Hoeneß von Gefälligkeitsjournalismus.
El pichichi schrieb am 23. Juni 2009:
Wenn ich mich recht entsinne, war die wichtigste Qualifikation Klinsmanns „Löws“ bei Bayern doch, dass er ziemlich gut englisch und spanisch spricht. Dann hätte er mich eigentlich auch als Co-Trainer nehmen können. Und ich kann sogar dazu noch etwas deutsch.
KämpferHerz schrieb am 23. Juni 2009:
witzig, hatte erst gestern (ohne diesen Beitrag gelesen zu haben) zu nem Freund gesagt: wie das EM-Finale 08 (war damals im Stadion) – da wollten die einen (Deutschen) auch in die Zweikämpfe kommen, um Ihre Physis auszuspielen – aber sobald Sie dem Gegner mit Ball in die Nähe kamen, war der Ball wieder weg – bei einem weiteren freistehenden Spieler…. immer hinterherlaufen ist blöd… so kommt man in keinen Zweikampf, kann den nicht gewinnen und verliert somit das Spiel…
So ist das, wenn Fußball“spielen“ auf Zweikämpfe reduziert wird…