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Telefonat mit Stefan Brink, dem Leiter des Bereichs Privater Datenschutz beim Landesdatenschutzbeauftragten Rheinland-Pfalz, über das Angebot des DFB an die Amateurvereine, einen Vertrag mit Sky zu schließen (siehe direkten freistoss vom 12.8.). Dieser Vertrag erlaubt Vereinen einen Rabatt auf Sonntagsspiele der Bundesligen. Im Gegenzug sieht er vor, dass Vereine Mitgliederdaten zu Werbezwecken weiterleiten

direkter freistoss:
Der Fußballverband Rheinland legt seinen Vereinen ein Angebot mit Sky nahe. Die Vereine erhalten einen Rabatt für den Pay-TV-Sender, im Gegenzug müssen sie Mitgliederdaten zur Werbung herausgeben. Wie bewerten Sie den Fall?

Stefan Brink: Die unbefugte Weitergabe von Mitgliedsdaten ist rechtswidrig, ganz einfach. Weil Vereine mit der Übermittlung von Adressdaten personenbezogene Daten weitergeben, und die sind gesetzlich geschützt. Legal wäre das Verhalten der Vereine nur, wenn sie sich entweder auf eine gesetzliche Ermächtigung stützen könnten oder ihre Mitglieder ausdrücklich eingewilligt hätten. Beides ist nicht ersichtlich.

df: Warum die Vereine so einschränken? Der DFB sagt, alle ursprünglichen Bedenken der Behörden seien inzwischen ausgeräumt.

Brink: Für den DFB sind wir nicht zuständig, denn Datenschutz ist Ländersache; vorliegend sind also die Kollegen in Hessen gefragt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es in diesem Fall zu unterschiedlichen Bewertungen kommt. Denn es greift § 28 des Bundesdatenschutzgesetzes, Stichwort Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses. Die Weitergabe von Mitgliederdaten ist nur gestattet, wenn sie dem Zweck des Vereins entspricht und sich im Rahmen bestehender Mitgliedsverhältnisses bewegt. Doch selbst wenn man das Sky-Angebot wohlwollend auslegen würde, etwa indem man geltend machte, dass in einem Fußballverein auch Fußball geschaut wird – es bleibt eine illegale merkantile Verwertung von Adressen. Sky zeigt ja nicht nur Fußball, sondern hat auch einen Erotik-Kanal und erbringt andere Unternehmensleistungen. Und eine Beschränkung der Werbeaktionen auf „Fußballerisches“ ist gerade nicht vorgesehen.

df: Einige werden einwenden, wenn ein Verein von dem Vertrag profitiert, profitieren doch auch seine Mitglieder.

Brink: Das Argument höre ich oft, man nehme ja nur die Interessen seiner Mitglieder wahr. Das Argument sticht aber nicht, denn tatsächlich greift der Verein damit in höchstpersönliche Rechte seiner Mitglieder ein. Nicht gerade sportlich fair! Hält sich ein Verein an den Vertrag, verletzt er das informationelle Selbstbestimmungsrecht seiner Mitglieder. Er mag als Ganzes einen Nutzen davon ziehen – doch zu Lasten der Einzelnen, hinter deren Rücken Verträge geschlossen werden. Ein Verein darf die Daten seiner Mitglieder nicht ausschließlich als wirtschaftliches Gut erachten, er hat sie vertrauensvoll zu schützen.

df: In dem Anschreiben steht ja die Ermahnung, datenschutzrechtliche Regeln zu achten.

Brink: Solche Freizeichnungsversuche gibt es zuhauf, darüber kann man nur schmunzeln. Übertrieben gesagt ist das so, als ob ein Bankräuber am Schalter das Geld „unter Beachtung der zivil- und strafgesetzlichen Bestimmungen“ verlangte.

df: Wie werden Sie nun vorgehen?

Brink: Wir werden den Fußballverband Rheinland anschreiben und in Erfahrung bringen, welche Vereine auf das Angebot eingegangen sind. Wir schauen dabei ganz genau hin, denn für Datenschutzaspekte ist die Gesellschaft zunehmend sensibler geworden. Durch die jüngste Novelle des Datenschutzgesetzes haben wir zudem mehr Befugnisse erhalten. Und können auch schärfer sanktionieren. Doch wenn Anfragen kooperativ beantwortet werden, gehen wir großzügig damit um. Zumindest was das Bußgeld betrifft. Dessen Höhe auch davon abhängt, ob Vorsatz vorliegt oder bloße Fahrlässigkeit.

df: Wer wäre eigentlich dran? Die Verbände schließen ja keinen Vertrag ab.

Brink: Nein, das sind die Vereine. Die Verantwortlichkeit liegt bei demjenigen, der Mitgliederdaten weitergibt. Gegen den Verband haben wir nichts in der Hand, solange er nicht selbst Mitgliederadressen weiterreicht. Auch nicht gegen Sky. Allerdings verleiten die Verbände ihre Vereine möglicherweise zu rechtswidrigem Handeln.

df: Mal angenommen, Vereine hätten den Vertrag unterzeichnet, aber die Daten noch nicht herausgegeben. Was wäre dann?

Brink: Dann wären sie vertragsbrüchig, insoweit müssten sie sich mit Sky auseinandersetzen. Wir werden erst aktiv bei Vollzug des Vertrags, also dann, wenn wir Anhaltspunkte für illegale Datentransfers von Mitgliederadressen haben.

***

Seitens des DFB heißt es: „Der DFB-Datenschutzbeauftragter hat mit der zuständigen Hessischen Datenschutzaufsicht ausführliche Gespräche geführt. Die Bedenken sind inzwischen geklärt und zur Vermeidung von Missverständnissen wird derzeit auch den bei der Abo-Bestellung registrierten Vereinen ein klarstellender Brief geschickt.“

Laut DFB-Pressesprecher wollen derzeit 139 Vereine aus fünfzehn Landesverbänden das Angebot wahrnehmen. Die Anregung zu dieser Aktion sei von den Kreisvorsitzenden bei den beiden Regionaltreffen des DFB im Frühjahr in Hannover und Frankfurt gekommen.

Hier die Vertragsbedingungen:

verbande-sky_merkzettel-fur-vereine

11 Kommentare

  1. Reiner Grundmann schrieb am 29. August 2009:

    Die Mitglieder meines Vereins können sich darauf verlassen, dass ich solch einen Vertrag nie eingehen werde. Ich halte schon den Gedanken, Sonntags Nachmittags im Clubraum Fußball zu schauen anstatt auf der Anlage das Spiel der eigenen Mannschaft zu sehen, für absolut abwegig. Dann noch verbunden mit einer freiwilligen Weitergabe von Daten den eigenen Mitgliedern gegenüber für unverantwortlich und respektlos.

  2. RealityCheck schrieb am 29. August 2009:

    Bist Du Dir sicher, dass bei diesem Geschäft Sky der Vertragspartner der Vereine ist? Ich meine da Gegenteiliges gelesen zu haben, dass die Rechtsbeziehung sich eher in Form von Verein DFB Sky darstellt, also der DFB als Mittelsmann, nicht bloßer Vermittler.

    Dann wäre es nämlich doch der DFB, der die Mitgliederdaten weitergibt.

  3. Oliver Fritsch schrieb am 29. August 2009:

    Weißt du noch, wo Du das gelesen hast? Das kann sein. Allerdings dürfte sich für die Vereine dadurch nicht viel ändern.

    Letztlich muss ich (oder wer auch immer) ohnehin mal in Hessen nachfragen, wie die das sehen. Die habe ich nicht mehr erreicht. Die Story ist noch nicht durch, was ich bislang geschrieben habe, ist nur ihr aktueller Stand.

  4. RealityCheck schrieb am 29. August 2009:

    Mal kurz gesucht, es war bei dogfood.

  5. DailySoccer 30/08/2009 | Spielfeldrand - Das Magazin schrieb am 30. August 2009:

    […] Datenschützer: Das Sky-Angebot des DFB ist rechtswidrig […]

  6. Fabian Reinholz schrieb am 31. August 2009:

    Der Vertrag wird auf „Anbieterseite“ mit einiger Wahrscheinlichkeit durch Sky geschlossen. Der DFB hat nur die Konditionen ausgehandelt. Davon „profitiert“ jedes DFB-Mitglied, das den Vertrag mit Sky schließt. Wer die Vertragspartner auf „Nutzerseite“ sind und wann der Vertrag geschlossen wird, ist aber in der Tat nicht ganz klar und wird weder aus dem Rundschreiben des DFB noch aus dem angehängten Fragebogen deutlich, möglicherweise aber aus dem „Bestellgutschein“. Da Verträge auch fernmündlich geschlossen werden können, kann es zum Vertragsschluss auch im Zuge des Anrufs unter der Call-Center-Nummer kommen. Dann wird womöglich derjenige Vertragspartner, der dort anruft. Als Vertragspartner kommt neben dem Verein auch der Gastronom in Betracht, der in aller Regel die Gastronomie gepachtet hat. Das könnte zur Folge haben, dass der Gastronom – neben oder anstelle des Vereins – ein datenschutzrechtliches Problem bekommt.

  7. nona schrieb am 4. September 2009:

    Die Zusendung von Werbung ohne Einverständnis des Empfängers, bzw. die Aufforderung oder Verpflichtung dazu, ist rechtlich übrigens auch nicht ganz ohne, mindestens mal halbseiden.

  8. Ingrid schrieb am 4. September 2009:

    Habe dazu gerade erfahren, dass man sich in eintragen kann bei: robinsonliste.de, wenn man keine Werbung haben will.

  9. Blog für den kritischen Fußballfreund | direkter-freistoss.de » Datenschützer: Der DFB lässt seine Vereine im Regen stehen schrieb am 5. September 2009:

    […] Habe dazu gerade erfahren, dassnona: Die Zusendung von Werbung ohnealfons berg: @Mark vom HSV-Sommer: Fantastisch? Pauli-Fan? […]

  10. Was vom Tage übrig bleibt (43): München 2018 wirbt mit Anabolika-Doper : jens weinreich schrieb am 7. September 2009:

    […] “Monopol: Wollen Verbände auch Bilder vom Amateurfußball verbieten?” und “Datenschützer: Das Sky-Angebot des DFB ist rechtswidrig” sowie das update dazu: “Datenschützer: Der DFB lässt seine Vereine im Regen […]

  11. GiantPanda schrieb am 7. September 2009:

    Wenn der Verein ohne Zustimmung Daten an Spammer herausgibt, wäre das für mich ein Austrittsgrund. Unabhängig davon, ob das legal oder datenschutzwidrig ist.

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