Schwämmchen und Kämmchen
von Oliver FritschVon Tina Turner soll die Aussage stammen, dass sie vor Männern keinen Respekt habe, in deren Badezimmer sie mehr Kosmetikartikel findet als in ihrem. So mancher Fußballer würde durch ihr Raster fallen. Denn es gibt wohl keine Kreisklassenmannschaft, die nicht mindestens einen solchen Adonis in ihrer Mitte hat. Was der an Ölen und Fetten, Cremes und Sprays, Schwämmchen und Kämmchen aus seinem Beauty Case packt, würde Frau Turner glatt in die Arme ihres Ex-Mannes Ike treiben.
Besonders ihrem Haar widmen viele Fußballer ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Die Peinlichkeiten der Verbindung Fußballer und Frisur, besonders was die 80er Jahre betrifft, sind ausgelotet, alle Witze über das Rudivöllerhafte, das Oberligaeske erzählt. Damals soll es in Hessen einen Frisör gegeben haben, der den Schnitt „Modell TuSpo Ziegenhain“ im Programm führte: eine Kickermatte mit Nackenspoiler. Heute übrigens in Mode: Strähnchen Marke Dorfdisco.
Daher kommen wir an dieser Stelle um ein jüngeres Phänomen nicht herum: die Intimrasur. Ja, richtig gelesen, wir packen die heißen Eisen an. Wer tut sowas? Eine Generationenfrage. Und eine Sache des Milieus. Also, eher junge Städter. Im Trend: Iros, Pfeile, und Rauten. Wie bitte, liebe Leser, Sie erfahren hier Dinge, nach denen Sie nie gefragt haben? Aber wir reden doch über eine uralte Kulturtechnik des Menschen. Schon die alten Ägypter trimmten sich, und zwar mit Hilfe von Eselsfett und Fledermausblut. Ist doch schön, wenn sich die jungen Leute auf antike Traditionen berufen.
Zurück zum Kopf: Früher, als die Trikots noch enger, die Hosen noch kürzer und die Haare noch länger waren, war in der Minderheit, wer ohne Föhn zum Training erschien. Manche Vereine sahen sich veranlasst, mehr Steckdosen in ihre Umkleiden (und in Spiegelnähe) zu verlegen, damit sich der Kampf um die Plätze in Grenzen hielt. Es gab Spieler, die sich in der Halbzeit gefönt haben. Ein anderer hat sich beim elektrischen Haartrocknen immer auf die Sitzbank gelegt, damit, in der Waagerechten, die Tolle besser fiel. Die wenigen, die heute noch einen Föhn besitzen, brauchen ihn meist nicht mehr. Auch der Schnauzbart ist, wir alle kennen die Abgesänge, fast ausgestorben; man findet ihn, wie den Föhn, gelegentlich noch bei den Alten Herren. Allerdings sieht man denjenigen, die ihren gesellschaftlich arg diskreditierten Schnäuzer abrasiert haben, irgendwie den Phantomschmerz an. Ihnen fehlt was im Gesicht.
Fußballer und Haare, wie gesagt, eine alte Geschichte. Doch ich hätte nie gedacht, dass ich folgenden Satz mal in einer Kabine hören würde: „Mike, kannst Du mir nächste Woche mal die Haare schneiden? Sind auch nur die Spitzen.“ Ich hoffe, ich werde niemals die SMS erhalten: „Trainer, kann am Sonntag nicht spielen! Bin verletzt: Spliss.“
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