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René Martens Millerntor-Buch-Outtake (1)

von René Martens

Wie bereits angekündigt, veröffentliche ich in den nächsten Wochen in diesem Theater unregelmäßig kurze Ausschnitte aus dem Buch Niemand siegt am Millerntor. Die Geschichte des legendären St.-Pauli-Stadions (Verlag die Werkstatt, 24,90 Euro). Here we go:

Heute ist es kaum vorstellbar, dass Politiker ein Stadion in Frage stellen, das nicht einmal ein Jahr vorher fertig gestellt wurde. So war es aber beim ersten Millerntorstadion, das der FC St. Pauli im November 1946 eingeweiht hatte. Am 30. Mai 1947 schickte die Kämmerei der Stadt Hamburg (die heutige Finanzbehörde) einen Brief an die Direktion des Stadtplanungsamtes, aus dem hervorgeht, dass der Verein „auf seinem Sportgelände eine große Tribüne aus Trümmerschutt aufgebaut“ habe, ohne von den zuständigen Ämtern „eine besondere Genehmigung erhalten zu haben“. Dem Beamten war durch Zufall „gelegentlich meiner Anwesenheit in einer Sitzung des Stadtplanungsausschusses bekannt geworden, dass diese Tribünenanlage aus planerischen Gründen für völlig verfehlt gelten muss.“ Eine „Verlegung“ des Stadions sei „unvermeidlich“. Der Staatsdiener schrieb weiter, es sei „beabsichtigt, den Verein aufzufordern, sich auf die Wiederbeseitigung der Tribüne vorzubereiten und die Kosten der Beseitigung sicherzustellen.“ Trotz der Querelen mit den Behörden kam am 1. April 1953 immerhin ein Stadion-Mietvertrag zwischen dem Verein und der Stadt zustande. Mehr dazu im Kapitel „Ein Produkt der Anarchie“ (Seite 24 ff.)

René Martens Niemand siegt am Millerntor

von René Martens

Pünktlich zum ersten Saisonsieg des FC St. Pauli gegen RW Oberhausen kommt jetzt mein Buch „Niemand siegt am Millerntor. Die Geschichte des legendären St.-Pauli-Stadions“ in die Buchläden. Es dokumentiert vor allem die Entwicklung eines Stadions, das in der zweiten Hälfte der 80er Jahre bundesweit in den Blickpunkt geriet, weil der Verein einen sportlichen Höhenflug erlebte und sich hier eine neue politisierte Fan-Bewegung formierte. Das Buch ist aber auch die Geschichte anderer Spielstätten: Bis 1945 spielte der FC St. Pauli auf Plätzen, die kaum Stadioncharakter hatten (Weiterlesen …)

Was erlauben Kartellamt? So lautete sinngemäß die Reaktion vieler Fußball-Funktionäre in den vergangenen Tagen, nachdem sich abgezeichnet hatte, dass die Kontrollbehörde das von der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorgesehene Vermarktungsmodell für die TV-Rechte ab der Saison 2009/10 nicht akzeptieren wird. Keine Luca Tonis könnten mehr verpflichten werden, hieß es – wobei so getan wurde, als hätten sämtliche Hoffnungsträger aus der Ferne hier derart eingeschlagen wie der Italiener. Zudem sei die Finanzierung neuer Stadien gefährdet. DFB-Boss Theo Zwanziger dramatisierte: „Das Kartellamt gefährdet die internationale Wettbewersfähigkeit des deutschen Fußballs“, das gelte auch für „unsere Nationalmannschaften“.

Klar ist nun: Solche Jeremiaden werden uns noch für einige Zeit erhalten bleiben, denn am Donnerstag haben die Wettbewerbswächter das „Vermarktungsmodell förmlich untersagt, wenn die DFL daran festhalten sollte“. Begründung: Es bringe eine „deutliche“ Verschlechterung der „Rahmenbedingugnen zulasten der Verbraucher“ mit sich. Die Behörde sagt, im Interesse des Verbrauchers müsse eine Zusammenfassung der Samstagsbegegnungen im Free TV vor 20 Uhr, mithin „an einem weiten Bevölkerungskreisen zugänglichen Sendeplatz“ (Kartellamtsboss Bernhard Heitzer), festgeschrieben werden. Die Argumentation dahinter: Gibt es eine derart zeitnahe Sendung nicht, ist der Bundesliga-interessierte Zuschauer gezwungen, den Pay-TV-Sender Premiere zu abonnieren oder seine Leidenschaft für die Eliteliga zu zügeln – was auch den Klubs und ihren Werbepartnern kaum recht sein dürfte.

Viele Fußball-Apparatschiks befürchen nun, dem Vertrag mit der als Makler vorgesehehen Leo-Kirch-Firma Sirius sei die Basis entzogen, weil diese die Rechte nicht mehr zu dem geplant hohen Preis an Premiere verkaufen könne. Von 80 Millionen Euro Mindereinnahmen pro Saison ist die Rede. Droht deshalb der Untergang der Fußball-Standorts Deutschland? Wird wegen der Entscheidung der Kartellis der Unterschied zwischen der spanischen und deutschen Nationalelf, wie er sich im EM-Finale offenbarte, mittelfristig noch größer? Dieses Thema streifte der Fußballfreund Heitzer am Donnerstag, als er auf die TV-Rechtelage in England anspielte, die hiesige Funktionäre gern als paradiesisch preisen: „Das Abschneiden der englischen Nationalmannschaft in internationalen Wettbewerben (EM, WM) scheint von den Segnungen der hohen Pay-TV-Renditen nicht eben befördert zu sein.“

Die Frage, wie wettbewerbsfähig der hiesige Fußball ist, hängt von vielerlei ab, auch davon, ob Vorstände ähnlich kompentent sind wie die Kollegen internationaler Spitzenclubs, des weiteren von der Modernität des Trainings und der Effizienz der Talentsichtung. In all diesen Bereichen haben die deutschen Vereine in den letzten Jahren aufgeholt, aber Nachholbedarf besteht noch.

Im aktuellen Wirbel ist im übrigen untergegangen, dass die Kartellis keine Einwände haben gegen die von Sirius und der DFL vorgesehene Zersplitterung der Spieltage und die Ausdehnung der Anstoßtermine in der 1. Liga auf den frühen Nachmittag und in der 2. Liga auf 12.30 Uhr (sonntags) und 13 Uhr (samstags) – obwohl dies für einen Teil der Verbraucher Nachteile bedeutet, nämlich Fans, die das Stadion der Couch vorziehen.

Sollte Sirius nun endgültig aus dem Spiel sein, muss das für die Branche kein Nachteil sein. Die Entscheidung der Behörde könnte die DFL zum Anlass nehmen, auf die Einschaltung derartiger Zwischenhändler, die bei den TV-Deals ja auch auf ihre Kosten kommen wollen, zu verzichten und sich statt dessen mit Leuten zu verstärken, die kompetent genug sind, Verhandlungen mit den Sendern direkt zu führen. Thomas Kupfer, Autor des auf europaweiten Recherchen basierenden Buch „Erfolgreiches Fußballclub-Management. Analysen – Beispiele – Lösungen“ (2006), sieht eine der „großen Schwächen“ des deutschen Fußballs grundsätzlich darin, dass „Dritttfirmen“ hier so eine starke Rolle spielen. Viele Vereine überlassen ihre Vermarktung Agenturen wie etwa Sportfive; an allen Einnahmen aus TV-Rechteverkauf, Bandenwerbung und Stadionnamensrechtvermietung sind solche Zwischenhändler beteiligt. Auch in Bereichen wie Merchandising und vor allem Catering arbeiten die Klubs mit Fremdfirmen zusammen, das heißt, aus dem Fußballgeschäft fließt Geld ab, das ihm erhalten bleiben könnte, wenn die Vereine bessser aufgestellt wären.

Bernd Hoffmann, der Vorstandschef des HSV, der im Oktober auf der DFL-Mitgliederversammlung als einziger gegen den eilig verabschiedeten Deal mit Sirius stimmte, sagte damals, er stelle „grundsätzlich in Frage, ob man das Agenturmodell braucht. Ich hätte eine Menge Sympathie dafür, alles selbst auszuverhandeln.“ Hoffmann weiß genau, wovon er spricht: Er stand früher an der Spitze der Agentur Sportfive.

Bald haben wir wieder Zeit zum Bücherlesen, und nicht ganz uneigennützig empfehle ich den 606 Seiten dicken Sammelband Hakenkreuz und rundes Leder. Fußball im Nationalsozialismus. Keine Strandlektüre, aber ein Meilenstein in der Forschung zu diesem Thema. Mit dem Eigennutz hat es folgendes auf sich: Ein Beitrag ist von mir (Weiterlesen …)

Olympia? Das Thema hat in EM-Fieberzeiten doch kaum jemand im Kopf. Man muss sich also fragen, warum das ZDF die aufwändige Dokumentation Mission Gold – Wie sauber sind Chinas Staatsathleten? ausgerechnet in dieser Phase zeigt, und dann auch noch in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (0.15 Uhr), direkt im Anschluss an die Sie-nennen-es-Comedy-Sendung „Nachgetreten!“, dem Rausschmeißer-Programm schlechthin. Wenigstens auf eine interessante Stelle des Films sei hier hingegwiesen: Doping, sagen die Autoren, diene nicht nur der klassischen Leistungssteigerung. Es erzeuge auch einen „Gefühlsrausch“ (Weiterlesen …)

Wenn eine Drogeriekette patriotische „Soundshirts“ anbietet, die die Nationalhymne zum Klingen bringen können, und ein Sportkaufhaus Kunden mit einer „singenden Deutschlandfahne“ zu locken versucht, dann muss in diesem Wettbwerb natürlich auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen mitspielen dürfen. Deshalb hat der Ereignis- und Dokumentationskanal Phoenix anlässlich der bevorstehenden Fußball-EM einen Fanschal entworfen (Weiterlesen …)

René Martens Nachholbedarf

von René Martens

Heute in der taz Nord ein Beitrag zum Thema FC St. Pauli im Nationalsozialismus. Um Rugby geht es auch, aber Fußball und Rugby sind ja bekanntlich eng verwandt. Näheres zu dem erwähnten Buch gibt es hier

Ich habe ja nie verstanden, warum es im Sinne der Premiere-Abonnenten sein soll, dass es für die Spiele der 1. Liga und 2. Liga unterschiedliche Anstoßzeiten geben muss. Bisher kickten die Zweitligisten freitags ab 18 Uhr und in englischen Wochen dienstags und mittwochs ab 17.30 Uhr, damit die Termine nicht mit denen der 1. Liga kollidieren (Weiterlesen …)

René Martens Blatters einzige Niederlage

von René Martens

Da in diesen Tagen die Fifa ausnahmsweise mal nicht nennenswert im Gespräch ist, passt es ganz gut, dass das NDR Fernsehen am Abend vor Nikolaus (um 23.30 Uhr) den Dokumentarfilm Die Fifa – Macht und Machenschaften im Weltfußball wiederholt.

Dazu ein Ausschnitt (kompletter Text hier) aus einer zur Erstausstrahlung erschienenen Kritik:

Ein großer Teil der Recherchen galt einem Skandal, der für die Fifa weiterhin von fundamentaler Bedeutung ist. Seinen Anfang nahm er 2001, als die Agentur ISL, die für den Weltverband lange die WM-TV-Ãœbertragungsrechte vermarktete, konkurs ging und einen Schaden von drei Milliarden Euro hinterließ. Die Affäre beschäftigt seitdem die Schweizer Justiz, die in dieser Sache im November 2005 eine spektakuläre Razzia in den Räumen der Fifa in Zürich durchführte. Hintergrund: Im Zuge der ISL-Insolvenz wurden Schmiergeldzahlungen an hochrangige Funktionäre aufgedeckt, die ein Insider im Film auf 50 Millionen Franken beziffert. Bei der Durchsuchung ging es vor allem um einen von Schweizer Experten so genannten Korruptionsverdunkelungsvertrag … Krimi-Flair kommt auf, wenn die Filmemacher Szenen der Razzia nachstellen. Im Verdacht, Bestechungsgelder erhalten zu haben, steht Nicolas Leoz, der Präsident des südamerikanischen Fußballverbands Conmebol … Viel Platz räumen die Autoren auch dem Mastercard-Visa-Skandal ein, er kommt zum ersten Mal in einem TV-Beitrag ausführlich zur Sprache. Die Fifa hatte ignoriert, dass Mastercard eine Option auf die Verlängerung eines Sponsorenvertrags hatte, und den langjährigen Partner zugunsten des Wettbewerbers ausgebootet. Egizzi sagt, die Affäre zeige „sinnbildlich, wie groß die Diskrepanz zwischen der hehren Fairplay-Rhetorik der Fifa und ihren Taten“ sei. Im Film zitieren die Autoren aus gerichtsbekannten Mails, aus denen hervorgeht, dass Joseph Blatter keineswegs uninformiert war über den anrüchigen Deal.

Unter der Rezensionen zum Film ist mir besonders die des Kollegen Dietrich Leder aufgefallen, der in der Funkkorrespondenz 41/07 auf die Bundesverdienstkreuzverleihung an Blatter zu sprechen kommt, die auch im Film gezeigt wird. Dass Blatter das Kreuz bekommen hat, „weil er sich mit der FIFA WM um Deutschland verdient gemacht habe“, sei „ein Treppenwitz der Fußballgeschichte, weil eben Blatter – daran erinnert der Film auch – diese Weltmeisterschaft nicht nach Deutschland, sondern nach Südafrika hatte vergeben wollen.“ Weiter schreibt Leder, „interessanterweise“ gehe „der Film der Frage nicht weiter nach“, wie Sepp Blatter diese Niederlage unterlaufen konnte.

Interessant ist das in der Tat. Unabhängig davon, wie es den Deutschen gelang, dafür zu sorgen, dass die Entscheidung seinerzeit in ihrem Sinne fiel: Es ist doch auffällig, dass Blatter, für den in seiner Karriere als Fifa-Boss nun wirklich jede nennenswerte Abstimmung so verlaufen ist, wie er sich das vorgestellt hat, ausgerechnet bei dieser eminent wichtigen Abstimmung eine Niederlage erlitten hat. Und warum hat ihm diese Niederlage nicht geschadet? Die Fifa – Macht und Machenschaften im Weltfußball läuft übrigens im Rahmen eines Fußball-Schwerpunktabends, der mit Dinamo Zagreb vs. HSV beginnt.

René Martens Bin ich jetzt VfB-Fan?

von René Martens

Der Vorteil des Fußballs ist, dass er zu den nicht allzu vielen Lebenswelten gehört, die sich recht bequem in Gut und Böse einteilen lassen. Antipathien verjähren normalerweise nicht, erst recht nicht gegen einen Verein, der es sich gefallen ließ, sehr lange von Gerhard Mayer-Vorfelder regiert zu werden (Weiterlesen …)

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