Wie zu Schwarzenbecks Zeiten
von Oliver Fritsch
Die deutsche Nationalmannschaft hat beim 0:3 gegen die Tschechen viele Fehler fabriziert: Schweinsteigers Fehlpass vor dem 0:1, danach Metzelders missglückte Abseitsfalle; das 0:2 wurde den Tschechen dadurch ermöglicht, dass das zentrale Mittelfeld Frings und Schweinsteiger den langen Ball des Torwarts Czech nicht erkannt hat (Stichwort zweiter Ball) (Weiterlesen …)
Ich beiße keinem ins Ohr
von Oliver Fritsch
Die Torwartdebatten sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Das waren noch Zeiten, als der Freigeist Jürgen Klinsmann einen Titan vom Sockel stieß, die ARD deswegen fast einen Brennpunkt sendete, und dieser Ersatztorhüter anschließend per Pressekonferenz live im TV der Welt mit bedeutungsschwangerer Miene verkündete, dass er bereit sei, sich für Deutschland auf die Bank zu setzen.
Immerhin zuckt’s ab und an noch ein bisschen. Der alte Wolf Kahn, dem einige Zähne gezogen worden, dem aber auch viele ausgefallen sind, beißt nicht mehr so fest wie früher. Doch er beißt noch. Er bezweifle, sagt er nun beleidigt an die Adresse seines „Bezwingers“ Jens Lehmann, dass es in Deutschland wieder eine Torwart-Ära wie die von Maier, Schumacher, Illgner (!) und Kahn geben werde. Lehmann, nicht weniger stolz, entgegnet: „Ach, wir kennen ja den Oliver. Er nimmt sich halt gern wichtig. Ich mag es nicht, wenn sich einer glorifiziert.“ Jüngst hat der ehemalige Bundestorwartsepp Maier ein Comeback seines Schütz- und Lieblings Kahn angeregt, nachdem Lehmann und die Nummer 2 Timo Hildebrand in ihren ausländischen Klubs nicht aufgestellt worden waren. All dies ist ohne nennenswerte Resonanz geblieben. Was hätten diese Scharmützel noch vor anderthalb Jahren für Aufregung gesorgt? Aber das alte Spiel funktioniert nicht mehr.
Doch erleben wir gerade erste Spuren der Torwartdebatte der Zukunft? Bayern-Manager Uli Hoeneß sagt, dass es nur einen Nachfolger Jens Lehmanns im Tor der Nationalelf geben könne, und es ist, oh Wunder!, der Reservemann des FC Bayern, Michael Rensing. Robert Enke, Manuel Neuer, René Adler, die Vielgepriesenen – könne man alle vergessen. Aber der Schuss ging nach hinten los. Durch sein Plädoyer hat Hoeneß nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass die Bayern ihrem immerhin schon 23-jährigen Torwarttalent wichtige Jahre der Entwicklung und Reifung zu Kahns Gunsten (irreversibel?) vorenthalten haben. Im Gegensatz zu Schalke 04 und Bayer Leverkusen, die den Mut hatten, ihren Jungspunden Neuer und Adler den Vorzug vor den Etablierten Frank Rost und Jörg Butt zu geben. Mut, den in München kein Trainer aufbrachte. Warum eigentlich nicht, wenn Rensing doch so gut sein soll? Vor Jahren bereits stellte uns Hoeneß den damals noch unbekannten Rensing als „legendären Nachfolger von Oliver Kahn“ vor. Gut, gemeint hat er „den legitimen“. Solche Ausrutscher passieren nun mal, wenn man den Mund zu voll nimmt – selbst erfahrenen Mundzuvollnehmern wie Hoeneß.
Aber wir wollen uns nicht über Versprecher lustig machen, stattdessen auf das harte Los der Torhüter hinweisen, die sich mit deutschen Fernsehmenschen rumärgern müssen. Es gibt, das muss man mal so deutlich sagen, wirklich wenige, die sich mit dem Torwartspiel auskennen. Beispiel: Wenn ein Keeper bei einem Schuss mit der Hand den Ball berührt, das Tor allerdings nicht mehr verhindern kann, sagt jeder (ja, jeder!) Kommentator etwas wie: „Hier sah er unglücklich aus.“ So ein Käse! Wieso gesteht man ihm nicht das Lob zu, das Tor fast verhindert zu haben? Unglücklich sieht doch eigentlich ein Torwart aus, der überhaupt kein Körperteil in die Nähe des Balles bekommt. In diesem Fall heißt es aber meist: unhaltbar!
Anderes Exempel: Der klassische Satz eines Reporters (der auch bei keinem Kreisligaspiel fehlen darf): „Der Torwart stand zu weit vor seinem Tor.“ Nicht, dass das nicht auch der Fall sein könnte; doch der Vorwurf trifft selten ins Schwarze. Vor allem wird dabei übersehen, dass derjenige Tormann, der vor dem Tor agiert, viele andere brenzlige Situationen schon im Ansatz klärt und manchen Schuss besser abwehren kann. Einer der wenigen Torwartweisen in Deutschland, der FAZ-Redakteur Christian Eichler, verdeutlichte dies, als er über Lehmann schrieb: „Wer auf der Linie klebt, macht optisch den besseren Eindruck, weil Paraden dort meist spektakulär aussehen und Gegentore unhaltbar. Wertvoller fürs Team ist oft der Torwart, der riskiert, auch mal schlecht auszusehen.“ Warum dringt dieser Satz nicht zu Franz Beckenbauer und den anderen Premiere, ARD- und ZDF-Leutchen vor? Doch die Torwarttraditionalisten setzen leider noch allzu oft spektakuläre Flüge und Fauster mit Qualität gleich. „Super Parade!“
Zu rechnen ist dennoch mit dem Abschied vom Torwartleitbild Kahn. Der so sachliche wie selbstbewusste Enke spricht, nicht zum ersten Mal, Widerworte Richtung München und distanziert sich dezidiert von der Kahnschen Torwartschule – auffälligerweise, ohne dass er der Gotteslästerei bezichtigt wird. Und Nadine Angerer, die Torwartheldin von China, wehrt sich gegen den Vergleich mit Kahn: „Ich beiße keinem ins Ohr oder in den Hals oder was weiß ich wohin. Wir sind vom Torhüterspiel völlig konträr. Wenn ich einen Vergleich ziehen würde, dann bin ich eher auf Lehmanns Seite: der mitspielende Torwart.“ Argwöhnische Menschen könnten noch etwas gegen den Vergleich anbringen, der Angerer eigentlich adeln soll: Sie hat im wichtigsten Spiel ihrer Karriere, dem WM-Finale, eine bravouröse Leistung gezeigt – und gewonnen.
#4 meiner Kolumne auf stern.de
Effe, ich hab Deiner gedacht
von Oliver Fritsch
Die Meinung der Fans ist heilig. Der Nationalspieler Stefan Effenberg wurde bei der WM 1994 nach Hause geschickt, weil er pöbelnden Zuschauern den Mittelfinger als Gruß entbot. Kritik an Fans, sofern sie sich nicht gerade rassistisch äußern oder sich die Köpfe einschlagen, ist Fußballern eines deutschen Klubs mehr oder weniger untersagt (Weiterlesen …)
Von wegen Jugendschutz!
von René Martens
Einen großen Teil meines Lebens habe ich jeden Freitag freiwillig der staatlichen Glücksspielindustrie mein Geld zukommen lassen, zuletzt 3,10 Euro für meinen 6-aus-45-Tipp. Ob ich das weiterhin tun werde, steht dahin (Weiterlesen …)
Äpfel und Birnen
von Günter Clobes
Endlich mal wieder ein Aufreger in der Bundesliga, endlich mal wieder was anderes als die netten Tricks der neuen Zaubermaus Ribéry (die im übrigen ein bisschen lendenlahm zu werden scheint). Jedenfalls, eine große Empörungswelle geht durchs Land: Petrik Sander ist das erste Bauernopfer der Saison! Gute Gelegenheit also für den Massenchor der Mühseligen und Beladenen (also: die Antikommerzbrigaden, Nostalgiefanatiker und Vereinspuristen, vulgo alle klassischen Fans) die schöne alte wehmütige Melodie von „The Good, the Bad & the Ugly“ anzustimmen (wobei das Hässliche natürlich die Geschichte selbst ist).
Die Welle schwappt sogar bis ins Ausland, ins selbsternannte Mutterland des Fußballs, nach England. Dort stellte nämlich Raphael Honigstein in einem Blog des angesehenen „Guardian“ den armen Sander ziemlich ironiefrei in eine Reihe mit – na, ahnen Sie’s? – yes, mit Jose Mourinho! Und so weit hergeholt ist das ja auch gar nicht, denn natürlich gibt’s da Parallelen: Allmächtiger Clubeigner hier, napoleonesker Vorsitzender dort (jeweils selbstherrlich und gegen den Trainer), Kompetenzgerangel und Einmischung in Personalentscheidungen (Schewtschenko, Ballack, Piplica), beide Clubs tragen ein C im Namen und vor allem, nicht zu vergessen, es geht um Fußball (die Fallhöhe zwischen Chelsea und Cottbus mal kurz außer acht gelassen…)
So what? Das Leben schreibt die schönsten Geschichten? Mag ja sein, es kommt nur darauf an, dass sich jemand findet, sie dann auch artikelgerecht aufzuschreiben. Ansonsten, so jedenfalls beruhigt uns Herr Honigstein, werden sich die Wege von Mourinho und Cottbus nicht mehr kreuzen. Unsere waghalsige Vermutung: genauso wenig wie die der Herren Abramowitsch und Lepsch …
Wie Revolution und Evolution
von Oliver Fritsch
Gerade anderthalb Jahre ist es her, dass ein Kollege auf der Pressekonferenz nach der heftigen 1:4-Niederlage in Italien drei Monate vor der WM in Deutschland dem damaligen Nationaltrainer Jürgen Klinsmann die Idee mit auf den Weg gab, das Abwehrsystem zu ändern: „Warum nicht wieder mit einem Libero spielen?!“ (Weiterlesen …)
WM-Tippspiel
von Oliver Fritsch
Ob WM, EM oder Bundesliga – zu allen Turnieren und Ligen gibt es Tippspiele. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns auch im Voraussagen der Frauenfußball-WM messen können (Weiterlesen …)
Das ist halt auch was Feines
von Oliver Fritsch
Wir, die wir sowohl Worthülsen als auch Elite-Jargon überdrüssig sind (und zwar nicht nur im Fußball), freuen uns über über jede Abweichung des üblichen Singsangs. Daher verleihen wir mit großem Vergnügen den ersten Gottfried-Benn-Gedächtnispreis im Fußball an Georg Koch, den deutschen Torhüter in Diensten Dinamo Zagrebs, der die Ursprünglichkeit des Fußballs Kroatiens und seiner Stadien in folgende Verse fasst: „Wenn man bei uns auf die Toilette geht, riecht man den Schweiß, den Rauch, den Urin von Generationen. Das ist halt auch was Feines.“
He´s got marvellous feet!
von Oliver Fritsch
Es schien nur auf den ersten Blick eine finanziell waghalsige Idee zu sein, David Beckham für Abermillionen in die US-Profiliga zu ködern. Denn die großen Drei des US-Sports leiden in diesem Jahr an schlechten Schlagzeilen (Weiterlesen …)
Es muss mehr gefummelt werden!
von Oliver Fritsch
Ein schlechtes Argument wird nicht dadurch besser, wenn man es gegen eine falsche Sache richtet. Stefan Effenberg hat die Beschwerde Uli Hoeneß’, die Gegner hätten es auf seine Stars abgesehen, mit dem Spruch gekontert: „Wer den Ball so lange hält wie Ribéry, muss sich nicht wundern, wenn er auf die Socken kriegt.“ (Weiterlesen …)
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