„Der DFB vertritt nur noch die Großen“
von Oliver Fritsch„Geldmacherei“, klagt am Telefon Joachim Künzer, Vorsitzender des FC Büdlich-Breit-Naurath, eines rheinländischen Vereins mit C-Liga-Mannschaft, über das Angebot, das der Fußballverband Rheinland allen Vereinen per E-Mail unterbreitet hat. Darin geht es um eine Rahmenvereinbarung des DFB mit dem Pay-TV-Sender Sky, die es Vereinen ermöglicht, für 49 Euro im Monat in den Vereinsheimen Live-Fußball zu zeigen. Gema-Gebühren nicht eingeschlossen. Das Angebot mag rechtens sein, ergänzt Künzer, doch moralisch und stilistisch sei es unverschämt. Zumal der DFB Vereine dazu auffordert, Werbung für Sky zu machen („zweimal im Jahr ein Privatabo-Angebot an ihre Mitglieder“).
Das Angebot enthält zudem nur die Sonntagsspiele der Ersten (15.30 und 17.30) und Zweiten Bundesliga (13.30 Uhr), also keinen Samstag, keinen Freitag, keine Champions League. „Was soll denn eigentlich damit erreicht werden?“, fragt Künzer. „Dass von unseren 50 Zuschauern am Sonntag 30 drin hocken und glotzen?“
„Die vertreten nur noch die Interessen der Großen“, fügt er an. „Und die kleinen Vereine müssen um jeden Euro betteln. Wenn wir beim Verband mal was ansprechen, dann passiert nichts.“ Jetzt fühlt er sich missbraucht: „Ich finde es verwunderlich, dass ein mit öffentlichem Geld aufgepumpter Verband zuerst den Bundesliga-Spielplan so zerstückelt, dass den Amateurvereinen die Spieler und Zuschauer weglaufen und dann Empfehlungsschreiben für ein börsennotiertes Unternehmen rausschickt und die Vereine animiert, für dieses Unternehmen auch noch zu werben.“
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Sieht man es pragmatisch, können Vereine das Angebot nutzen, um das 17.30-Uhr-Spiel zu zeigen, um damit die Zuschauer im Vereinsheim zu halten. Vorher kann die Glotze ja ausbleiben. Ich glaube aber nicht, dass das DFB/Sky-Angebot so gemeint ist. Außerdem muss jeder Verein gut kalkulieren: Pro Saison hat er etwa 14 Heimspiele am Sonntagnachmittag (eher weniger). Im Jahr zahlt er rund 600 Euro für Sky. Macht also circa 42 Euro/Spiel. Auf jeden Fall bedenklich ist, dass Vereine verpflichtet werden sollen, Daten ihrer Mitglieder weiterzugeben. Ärgerlich ist, dass sie Werbung für ein Unternehmen machen sollen, das ihnen das Leben schwer macht. Stichwort 15.30 Uhr. Fatal ist das Signal, das der DFB sendet. Und das mein Hartplatzhelden-Kompagnon Steffen Wenzel kommentiert:
Das Angebot ist kein Entgegenkommen. Das Angebot ist eine Aufforderung zur Kapitulation. Nach dem Motto: Eure Spiele schaut eh keiner mehr, dann holt wenigstens die Leute vor den Fernseher ins Klubheim. Ist das der Sinn von Sportvereinen? Das Allerschärfste: Wir benutzen Euch zur Akquise von Sky-Kunden, zahlen aber das Porto. Handlanger des Kapitals, Melkkühe der Medien. Was hier gerade entsteht, ist der komplette Ausverkauf.
Sky lässt meine Mail-Anfrage seit Donnerstag unbeantwortet.
Das schreibt der Westen.
RJonathan schrieb am 12. August 2009:
Alle Bedenken – vor allem die Werbung unter Mitgliedern – kann ich unterstreichen. Andererseits habe ich mir selbst schon gedacht, dass ich Sonntags gerne im Vereinsheim Fussball kucken würde, anstatt in eine Kneipe weiterzuziehen. Also keine grundsätzlich schlechte Sache, wenn man die Bedingungen nachbessert.
Oliver Fritsch schrieb am 12. August 2009:
Noch ne Idee, RJonathan: Fotos und Videos vom eigenen Spiel über den Beamer zeigen. Hab ich schon gemacht. Garantiert ein Renner (zugegeben: ein wenig abhängig vom Ergebnis).
Thomas schrieb am 12. August 2009:
Vielleicht sollte sky mal einen Rundgang über deutsche Sportplätze machen und nachgucken in wie vielen Vereinsheimen Bundesliga mit Privatabo geguckt wird. 😉
Verglichen mit einer regulären Sportbar Lizenz erscheint dieses Angebot durchaus günstig.
Und wer es nicht braucht, schlägt es halt aus. Von „Geldmacherei“ kann also nicht die Rede sein.
Btw. Worum geht es den Vereinen eigentlich? Vertrieb von Tickets, Würstln und Bier am Rande eines Fußballspiels? Oder gehts um die eigene sportliche Betätigung?
Schäfer schrieb am 12. August 2009:
Ich bin Vorsitzende eines Sportvereins und habe das Angebot vorgestern erhalten und daraufhin eine entsprechende Mail an unseren Fußball-Verband geschrieben. Mit genau den gleichen Argumenten wie oben im Bericht. Ich werde auf keinen Fall Mitgliederdaten für Werbezwecke herausgeben! Meinem Vorstandskollegen Künzer stimme ich vollständig zu. Der DFB hat mit den Vereinen an der Basis im Amateurbereich nicht mehr viel zu tun bzw. am Hut!
Ingrid schrieb am 12. August 2009:
Das Thema wurde schon vor einiger Zeit hier angeschnitten: http://www.diefussballecke.de/kloenecke/showthread.php?tid=568
Da dogfood/ http://www.allesaussersport.de/ das Thema vor kurzem angeschnitten hatte, habe ich bei google nach weiteren Infos geschaut und bin bei bfv.de auf einen Merkzettel für Vereine gestoßen (siehe o.g. Beitrag)
Dogfood wird sich in den nächsten Tagen auch noch mit dem Thema beschäftigen.
Ingrid schrieb am 12. August 2009:
Man sollte einen Breitag erst vollkommen lesen und dann antworten. Der Merkzettel ist ja hier dargestellt, hatte ich nur nicht erkannt.
MaxR schrieb am 12. August 2009:
Die Bereitstellung der Mitgliedsdaten ist rechtlich sehr spannend, denn ohne Einwilligung geht das gar nicht mehr!
DFB fordert Datenschutzverletzungen von den Vereinen | togoblog schrieb am 14. August 2009:
[…] vor Ort anschauen! Oliver Fritsch hat das Anschreiben eines Landesverbands für seinen “Blog für den kritischen Fußballfreund” eingescannt und online gestellt. Was sofort auffällt: Der Landesverband scheint darüber […]
Blog für den kritischen Fußballfreund | direkter-freistoss.de » Datenschützer: Das Sky-Angebot des DFB ist rechtswidrig schrieb am 29. August 2009:
[…] über das Angebot des DFB an die Amateurvereine, einen Vertrag mit Sky zu schließen (siehe direkten freistoss vom 12.8.). Dieser Vertrag erlaubt Vereinen einen Rabatt auf Sonntagsspiele der Bundesligen. Im Gegenzug […]
Blog für den kritischen Fußballfreund | direkter-freistoss.de » Datenschützer: Der DFB lässt seine Vereine im Regen stehen schrieb am 5. September 2009:
[…] Woche angerufen und mir von seiner fortgesetzten Recherche in Sachen Sky-Angebot (siehe hier und hier) erzählt. Der DFB habe in der Zwischenzeit auf Drängen des hessischen Datenschutzes nachgebessert […]
KingSam schrieb am 12. September 2009:
Mal eine Frage: Wenn man Feier im Vereinsheim hat und diese als „geschlossene Gesellschaft“ deklariert, darf man dann mit seiner privaten Sky Karte Fußball zeigen? Ist ja nichts anderes als wie zu Hause?!?! Oder hängt das am Ausschank von Speisen und Getränken???
thx
Oliver Fritsch schrieb am 12. September 2009:
Das kann ich nicht sagen. Ich wollte ja keinen Service-Text schreiben.
Schreiber schrieb am 13. September 2009:
Glaube – aus eigener Erfahrung – dass das Problem mit einer „geschlossenen Gesellschaft“ nicht gelöst wird, wenn dabei jemand mit Ausschank Geld verdient. Aber ich kann unseren Vereinsheimchef mal fragen..